Tops & Flops: Die Erkenntnisse des Auftakts

Foto: GEPA

Severin Freund legt einen Traum-Start in die WM-Saison hin, die Prevc-Brüder springen auf Augenhöhe und die Norweger sind mannschaftlich plötzlich keine Macht mehr. skispringen.com zeigt die Tops und Flops des Weltcup-Auftakts in Kuusamo.

Freund: Tief gestapelt oder Kuusamo-Vorteil?

Nach dem zweiten Platz am Freitag und dem Sieg am Samstag ist Severin Freund zweifelsohne der Gewinner des Auftakt-Wochenendes von Kuusamo. Im Vorfeld ließ der Weltmeister aus Deutschland noch verlauten, dass nach seiner Hüft-Operation im April und der folgenden Trainingspause noch ein weiter Weg zurück an die Weltspitze vor ihm liege. Bundestrainer Werner Schuster gab für das erste Weltcup-Wochenende eigentlich eine Top-Ten-Platzierung als Ziel aus. War das tief gestapelt – oder hat tatsächlich niemand daran geglaubt, dass der 28-Jährige in Finnland ganz vorne mitmischen kann?

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„Damit habe ich definitiv nicht gerechnet“, erklärte Freund nach dem 22. Weltcupsieg seiner Karriere. Und auch der Bundestrainer stößt in dasselbe Horn: „Die Anzeichen zuhause haben nicht darauf hingedeutet.“ Schuster erklärt die Leistungsexplosion seines Schützlings mit der Schanze, auf der sich Freund auch in den vergangenen Jahren immer gut zurecht gefunden habe. „Er lebt hier vom Selbstvertrauen. Und das kann er gut“, sagte der Österreicher. Jetzt reist Freund als Weltcup-Gesamtführender im Gelben Trikot zum Heim-Weltcup ins sächsische Klingenthal. Lässt er die nächsten Siege folgen?

Prevc-Brüder auf Augenhöhe

Dass eine Nation das Geschehen im Weltcup bestimmt und die Siege unter sich aus macht, ist im Skispringen oft keine Seltenheit. Wenn sich aber zwei Brüder im Kampf um den Sieg auf Augenhöhe begegnen, ist das etwas Besonderes: Peter Prevc gehörte als Verteidiger des Gesamtweltcups schon im Vorfeld zu den Top-Favoriten – dass er sich aber gleich beim ersten Wettbewerb der Saison von seinem jüngeren Bruder Domen ausstechen lässt, damit hat man nicht rechnen können.

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Das Weltcup-Wochenende im nordfinnischen Kuusamo hat deutlich gemacht, dass neben dem 24-jährigen Prevc auch der 17-jährige Prevc das Potenzial hat, um Siege mitzukämpfen. Freilich hätte der ältere Bruder gewonnen, wäre er nicht gestürzt. „Zuerst habe ich mir etwas Sorgen gemacht und nicht an mein Ergebnis gedacht. Als ich gesehen habe, dass Peter okay ist, habe ich mich einfach über den Sieg gefreut“, erklärte Domen Prevc im Nachgang. Jetzt hofft er auf weitere Podiumsplätze. Wieder gemeinsam mit seinem Bruder?

Österreich: Ein fast Aussortierter meldet sich zurück

Ein Podiumsplatz zum Auftakt durch Manuel Fettner und ein mannschaftlich geschlossenes Auftreten machen das Auftakt-Wochenende von Kuusamo auch für Team Österreich zu einem erfolgreichen. Neben Fettner jubelten auch die beiden Zimmerkollegen Stefan Kraft und Michael Hayböck über Top-Ten-Ergebnisse – und dann ist da noch Andreas Kofler. Der 32-Jährige galt lange als eines der Sorgenkinder in der Mannschaft von Heinz Kuttin, nach einer schwachen Vorsaison zeigt es der Tiroler jetzt aber seinen Kritikern.

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„Sicherlich hatte ich schwierige Zeiten, aber die kommen immer wieder“, sagte Kofler nach den Wettbewerben. Ein Karriereende sei nie Thema gewesen – jetzt sind auch die Zeiten vorbei, in denen er um einen Startplatz in der Mannschaft aus der Alpenrepublik zittern muss.

Ein Franzose macht Hoffnung

Dem schon guten zehnten Platz am Freitag ließ Vincent Descombes Sevoie am Samstag ein fünfter Platz folgen – das beste Ergebnis in der Karriere des Franzosen. Lange sprang der 32-Jährige im Mittelfeld mit, jetzt gehört er zur Weltspitze. So stabil und stark hat sich Descombes Sevoie in seiner gesamten Laufbahn wohl noch nicht präsentiert. Und auch die Russen haben (endlich) einen neuen Hoffnungsträger: Der ehemalige Nordische Kombinierer Evgeniy Klimov landete mit dem zwölften Platz am Samstag ebenfalls so weit vorne wie noch nie zuvor.

Investitionen machen sich bezahlt

Zu den Gewinnern des Wochenendes gehören auch die finnischen Veranstalter: Immerhin rund 800.000 Euro haben die Verantwortlichen nach skispringen.com-Informationen in die Hand genommen, um die Rukatunturi-Schanzenanlage mit einem neuen Windnetz und einer modernen Anlaufspur auszustatten. Das war auch Bedingung – ansonsten hätte der Wintersportort unweit des nördlichen Polarkreises keine weiteren Veranstaltungen vom Weltskiverband (FIS) erhalten. „Wir sind zufrieden“, bilanzierte Walter Hofer.

Quo vadis, Norwegen?

Im vergangenen Jahr sicherten sich die Norweger noch unangefochten den bei den Mannschaft so begehrten Sieg im Nationencup, in den alle Einzel- und Mannschaftsergebnisse einer Nation während des gesamten Saisonverlaufs einfließen.

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Klar, die Saison ist noch am Anfang, aber: Die Mannschaft von Cheftrainer Alexander Stöckl hat sicherlich mit mehr gerechnet. Daniel-André Tande holte mit seinem zweiten Platz am Samstag die Kohlen aus dem Feuer, doch der Rest der Mannschaft enttäuschte. Fannemel, Stjernen und Co. springen ihrer Top-Form noch hinterher. In der Nationenwertung sind die Norweger gerade einmal Fünfter.

Fernsehsender in der Kritik

Einen schöneren Start in den Weltcup-Winter dürften sich auch die Kollegen des Fernsehsenders ‚Eurosport‘ gewünscht haben. Dass sich der Sender hinsichtlich der Olympischen Winterspiele 2018 neu aufgestellt und das Kommentatoren-Duo Dirk Thiele und Gerd Siegmund durch Matthias Bielek und Sven Hannawald ersetzt hat, gefällt vielen Fans nicht. In den sozialen Netzwerken bekommt ‚Eurosport‘ den Unmut der Zuschauer nun deutlich zu spüren.

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Keine Frage, das Duo Thiele/Siegmund war Kult – aber es dürfte auch außer Frage stehen, dass man ihren Nachfolgern die Chance und die nötige Zeit geben sollte, sich auf ihre neue Aufgabe einzustellen. Immerhin übertrug der Sender beide Wettbewerbe live, im ‚ZDF‘ bekamen die Zuschauer am Freitag hingegen die Krimiserie „Soko Wien“ zu sehen – und das obwohl der öffentlich-rechtliche Sender die Übertragungsrechte teuer eingekauft hat.

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Über Marco Ries 865 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

12 Kommentare

  1. Die Kommentarfunktion ist eine Art Plumpsklo im Internet. Immer wenn der Druck zu groß wird, einfach die Klappe öffnen und dann alles raus, was keine Miete zahlt! Hinterher einfach mit Klick auf „OK“ spülen – fertig. Das Ergebnis wird dann von anderen Nutzern desselben Örtchens mit roten und grünen Daumen versehen, genüsslich auseinander genommen oder komplett ignoriert.

    Schön ist das alles nicht. Aber es ist notwendig. Wir haben nämlich Meinungsfreiheit, und das heißt, dass jeder immer zu allem seinen Senf dazugeben muss.

    Ohne Kommentatoren hätten Blogger, die bei Facebook und MySpace twittern, dass sie jetzt auch einen Vlog bei YouTube haben, wohl kaum die Motivation für ihre enorme Produktivität. Und kommerzielle Online-Redaktionen gewinnen über die Kommentarfunktion wertvolle Rückmeldungen aus der Leserschaft, die sie für die Verbesserung ihrer Arbeit dringend benötigen. Es muss eben immer auch jemanden geben, der den ganzen Kram liest, und, wichtiger noch, kommentiert.

    Wer allerdings meint Besuchern der Seite hier vorschreiben zu müssen sich vorher zu registrieren, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
    Was aus Skispringen.com geworden ist finde ich nur noch traurig ….
    und die scheiss Smilies sind auch weg 🙁

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  2. naja, der Aufruf von Skispringen.com für Eurosport überrascht mich nicht. Eurosport ist Partner von Skispringen.com!
    Wie soll das neutral von der Bühne gehen? Unabhängiger Journalismus ist das nicht gerade!

  3. Traurig was aus den Finnen geworden ist. Und ich glaube, die nächsten die es so erwischen wird, werden die Norweger sein. Abgesehen von Tandes zweiten Platz war das ein Totalausfall dieses Wochenende. Den Nationencup werden sie nicht mehr holen

  4. Haben sich alle, die sich hier lautstark beschweren, schon mal überlegt wie wohl Thiele und Sigmund mal angefangen haben? Sicherlich haben auch sie ihre Kontakte und Geschichten über Jahre erarbeitet. Warum den Neuen unterstellen sie können das nicht auch?
    Sicherlich war die Art und Weise wie Eurosport Thiele und Sigmund rausgeschmissen haben nicht gerecht. Die beiden neuen können da aber auch nichts dafür, von daher sollte man fair bleiben. Fachlich konnten sie bei ihrem 1. Wettkampf bereits absolut überzeugen.
    Außerdem wünsche ich allen, die mal ihren Job wechseln und dort die Nachfolge von jmd antreten, besser aufgenommen werden, als es hier gerade der Fall ist. Fair bleiben.

    • Klar. Alles zu akzeptieren. Und auch Gerd musste erst reinwachsen. Aber hier geht es nur darum WIE die Kommentatoren rüberkommen. Und wenn man weder die Stimme, noch das Auftreten und dann noch die emotionslosen Kommentare mag, was bleibt denn dann noch übrig? WIESO sollen wir uns denn etwas antun , was mehrfach (in anderen Bereichen auch schon) bewiesen hat, das es eben NICHT zum Kommentator geboren ist ? Der eine kanns, der andere eben nicht. Gut ist. Lanz hat auch Chancen en gros bekommen bei Wetten Dass…und??? Ergebnis? Alle die bereits bei den ersten Sendungen sagten: DER NICHT; hatten leider Recht.

      • Haben Sie jahrelang die Karriere der beiden verfolgt oder woher meinen Sie zu wissen, dass die beiden es eben NICHT können? Meinen Sie bei Eurosport haben sie vielleicht nicht auch ein bisschen Ahnung und haben sich schon was dabei gedacht, warum man die beiden auswählt?! Ich finde das ganze jedenfalls mehr als ungerecht und werde mir mein Urteil erst ab frühestens Mitte der Saison erlauben.

        • Ja, tatsächlich habe ich die Karrieren/Entgleisungen/Versuche jahrelang mitverfolgt. Manches mitverfolgen müssen, ob gewollt oder ungewollt, wenn Herr Hannawald meinte, den „dicken Max“ rauskehren zu müssen oder selbst einem kleinen Fan, der Hallo sagen wollte brüsk abwehrte. Also soll ich das TOLL finden ? Er ist nicht der Einzige der unter BurnOut u.ä. gelitten hat/leiden musste. Da gibts genug Andere, die nicht dann mit offenen Armen irgendwo aufgenommen werden, wofür dann jemand GUTES gehen muss. Sorry, aber von mir aus bilden SIE sich die Meinung Mitte der Saison. Dann hat ES erreicht was gewollt war und KEIEN Einbußen erlitten. Denn dank Ihnen und vielen Anderen sehen sich die Macher mal wieder bestätigt. Und komisch:- auf AVIA beweisen Dirk und Gerd NOCH IMMER was ein echter guter Kommentator leisten kann….ohne HighTech u.ä.

  5. Eurosport hätte das Problem ja gar nicht, hätten sie sich nicht auf diese Art und Weise von Thiele/Siegmund getrennt. Das war eben nicht die feine englische Art.

    An und für sich machen Hannawald und Bielek ihre Aufgabe nämlich sehr gut. Finde sie sehr erfrischend und fand es von Tag zu Tag besser… Sie haben eine Chance verdient.

  6. Aus meiner Sicht ist Freund DER Gewinner und Norwegen der klare Verlierer (neben Eurosport). Aber auch das ist richtig: Eurosport überträgt wenigstens, ZDF ist eh eine Lachnummer.

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