Tops & Flops: Wellinger überragt beim Kult-Weltcup

Andreas Wellinger dominiert das Weltcup-Wochenende in Willingen, das auch 2017 wieder fast 50.000 Zuschauer an die Mühlenkopfschanze lockt. Auch die Österreicher trumpfen auf, Kamil Stochs Siegesserie reißt und die Norweger schwächeln. Die Gewinner und Verlierer.

Wellinger an allen Tagen in Top-Form

Das größte Lächeln hatte am Sonntagabend Andreas Wellinger im Gesicht. Der 21-jährige Bayer setzte sich in einem knappen und hochspannenden Wettkampf an der Mühlenkopfschanze gegen die Konkurrenz durch. Wellinger setzt damit seinen Aufwärtstrend konsequent fort, nachdem er in Wisla bereits Dritter und in Zakopane Zweiter wurde.





Der Skispringer vom SC Ruhpolding stellte am gesamten Wochenende eindrucksvoll unter Beweis, dass diese Ergebnisse keine Eintagsfliege waren – am Freitag sicherte er sich den Sieg in der Qualifikation und schon beim Team-Wettbewerb am Samstag war er der beste Solist im Feld. „Er war an diesem Wochenende hier der beste Springer, hatte in fast jedem Durchgang den weitesten Sprung“, analysierte Bundestrainer Werner Schuster. Wellinger ist damit eindeutig der Gewinner schlechthin des Willingen-Wochenendes.

Übrige DSV-Skispringer enttäuschen

Der Sieg von Andreas Wellinger im Skisprung-Mekka Willingen überstrahlte jedoch die wenig zufrieden stellenden Ergebnisse der anderen Deutschen. Markus Eisenbichler war seine Unzufriedenheit nach dem dritten Platz beim Team-Wettbewerb und Rang 18 im Einzel deutlich anzumerken. Auch Richard Freitag, Karl Geiger und Andreas Wank sind hinter den Erwartungen geblieben – und so reichte es beim Teamspringen nach der Halbzeitführung am Ende nur für den dritten Platz hinter Polen und Österreich.

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Auch Lokalmatador Stephan Leyhe konnte vor heimischem Publikum nicht an die guten Leistungen der Vorwochen anknüpfen. „Es ist okay“, analysierte Leyhe selbst, Bundestrainer Schuster sprach im Nachhinein davon, dass sich der 25-Jährige vom SC Willingen vielleicht selbst zu sehr unter Druck gesetzt hat: „Eine WM zu springen ist für ihn vermutlich leichter als hier in Willingen.“ 

Spitzenplätze für die ÖSV-Adler

In Polen sprangen die einstmaligen Superadler noch haarscharf am Podest vorbei, doch nach der Rückkehr von Stefan Kraft schaffte es das Team von Chefcoach Heinz Kuttin am Samstag auf den zweiten Platz. Beim Einzel zeigte sich die geballte Teamstärke der Österreicher noch deutlicher: Kraft und Fettner standen neben Wellinger auf dem Podium, Hayböck und Schlierenzauer landeten ebenfalls unter den Top Ten.

» Bildergalerie: Fotos vom Einzel-Wettbewerb in Willingen

Für Gregor Schlierenzauer war der siebte Platz am Sonntag seine bislang beste Weltcupplatzierung seit seinem Comeback. Der Rekord-Weltcupsieger eilt in großen Schritten zurück an die Weltspitze – und kann sich über den Rückhalt seiner Mannschaftskollegen freuen. „Er gibt der Mannschaft noch mehr Stärke, wir haben jetzt fünf sehr gute Leute. Gregor hat so viel Erfahrung und kann uns immer weiterhelfen. Insofern sind wir froh darüber, dass er wieder dabei ist“, erklärte Kraft. Auch Manuel Fettner hat nach seinem dritten Platz Lust auf noch mehr: „Vielleicht kann ich in diesem Jahr noch meinen ersten Weltcupsieg feiern – darauf arbeite ich hin.“

Polen revanchieren sich für Zakopane

Was zuhause in Polen nicht geklappt hat, haben die polnischen Skispringer in Willingen nachgeholt: Die starke Mannschaft von Stefan Horngacher feierte im nordhessischen Upland den erst zweiten polnischen Team-Sieg der Geschichte. Es war gewissermaßen die Revanche für Zakopane, als das deutsche Quartett einen polnischen Heimsieg vermasselte.

» Bildergalerie: Fotos vom Team-Wettbewerb in Willingen

Mannschaftlich stark, in der Spitze aber nicht ganz so dominant wie zuletzt präsentierten sich die Polen am zurückliegenden Wochenende – denn ausgerechnet der Gesamtweltcup-Führende Kamil Stoch konnte nicht an die Leistungen der vergangenen Wochen anknüpfen und verpasste so seinen fünften Einzelsieg in Folge. „Die Bedingungen waren diesmal sehr schwierig, aber ich kann mit meinem fünften Platz zufrieden sein“, analysierte der Vierschanzentournee-Sieger.

Finnen machen kleine Schritte nach vorne

Für eine kleine Überraschung sorgte das Team aus Finnland. Der Mannschaft um Skisprunglegende Janne Ahonen gelang es beim Teamspringen am Samstag, sich vor den Skispringern aus Japan und Tschechien zu platzieren. Seit knapp einem Jahr ist der Österreicher Andreas Mitter im Norden Europas als Cheftrainer im Amt – in Willingen waren nun die ersten Schritte nach vorne zu sehen.





Der fünffache Vierschanzentournee-Sieger Ahonen punktete in Willingen erstmals in der laufenden Saison und macht der finnischen Mannschaft damit Hoffnung für die näherrückenden Weltmeisterschaften in seiner Heimatstadt Lahti.

50.000 Zuschauer und beeindruckende Stimmung

Zu den Gewinnern des Wochenendes gehören auch die Organisatoren um den ansässigen Skiverein: Insgesamt 46.600 Zuschauer sind an den drei Tagen an die Mühlenkopfschanze gekommen und haben einmal mehr für eine beeindruckende Zuschauerkulisse gesorgt. Mit 21.000 Zuschauern war das Stadion am Samstag sogar ausverkauft. „Dieser Weltcup ist Kult“, betonen die Verantwortlichen immer wieder – und sie haben Recht.

Norweger kämpfen um Form

Licht und Schatten bei den Norwegern: Daniel-André Tande führte beim Einzelspringen nach dem ersten Wertungsdurchgang, doch wie schon beim Teamspringen am Samstag – als die Norweger im Kampf um die Podiumsplätze als Fünfter chancenlos waren – hatte er im zweiten Sprung Probleme, seinen Ski zu kontrollieren und rettete sich nur mit viel Können auf 134 Meter. Der undankbare vierte Platz stand am Ende zu Buche.

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Tandes Teamkollegen Forfang, Fannemel, Hilde und Hauer hadern mit ihrer Form. In Hinblick auf die WM in Lahti zieht Cheftrainer Alexander Stöckl Konsequenzen: Nur drei seiner Athleten werden beim anstehenden Skifliegen in Oberstdorf teilnehmen, die übrigen werden stattdessen trainieren.

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Über Marco Ries 867 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

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