Favoritencheck zur Skiflug-WM

Können Wellinger und Stoch die Norweger schlagen?

Kurz nach der Vierschanzentournee steht mit der Skiflug-WM der nächste Saisonhöhepunkt an. Bei der Generalprobe am Kulm überzeugten vor allem die Norweger. Doch wer könnte die Skandinavier in Oberstdorf schlagen? skispringen.com macht den Favoritencheck.

Nur knapp drei Wochen nach dem Auftaktspringen der geschichtsträchtigen Vierschanzentournee kehren die Skispringer zurück nach Oberstdorf. Diesmal blickt die Skisprung-Welt auf die umgebaute Heini-Klopfer-Skiflugschanze. Dort werden vom 18. bis 21. Januar 2018 der neue Skiflug-Weltmeister im Einzel und im Team gekürt. Am Freitag (19. Januar) und Samstag (20. Januar) wird in vier Durchgängen der neue Einzel-Weltmeister ermittelt. Am Sonntag (21. Januar) steigt der Teamwettkampf, der klassisch in zwei Durchgängen ausgetragen wird.

Extra für die Skiflug-Weltmeisterschaft wurde die einzige Flugschanze Deutschlands erneuert und auf eine Hillsize von 235 Metern vergrößert. Beim Weltcup 2017 feierte sie eine gelungene Premiere, die vor allem Stefan Kraft in sehr guter Erinnerung behalten hat. Der Österreicher gewann beide Wettbewerbe vor Andreas Wellinger. Bei der Skiflug-WM 2016 am Kulm gewann Peter Prevc und die norwegische Mannschaft den Titel. Wer werden ihre Nachfolger? skispringen.com macht den Favoritencheck:

Die Top-Favoriten

Andreas Stjernen (Norwegen): So schnell kann es gehen. Bis zum Skifliegen am vergangenen Wochenende am Kulm stand Andreas Stjernen meist im Schatten seiner Landsmänner Forfang, Tande und Fannemel. Seit seinem Sieg am Samstag zählt er zu den Top-Favoriten auf den WM-Titel. Am Kulm überzeugte Stjernen mit Flügen auf 229 und 226 Meter und holte sich seinen ersten Weltcupsieg. Bereits bei der Tournee sprang er dreimal unter die Top sechs. Mit dem Sieg am Kulm unterstrich der 29-Jährige diese Form eindrucksvoll. Zuvor waren zwei zweite Plätze seine besten Weltcup-Resultate. Einen davon holte er vor fünf Jahren auf der alten Heini-Klopfer-Skiflugschanze. Stjernen kommt also mit guten Erinnerungen nach Oberstdorf. Kann er die Flüge vom Kulm in Oberstdorf wiederholen, springt der Norweger um die Medaillen mit.

Kamil Stoch (Polen): So überragend das Skifliegen in Österreich für Stjernen verlief, so enttäuschend war es für Kamil Stoch. Nach seinem historischen Grand-Slam-Sieg bei der Vierschanzentournee, dachten viele, dass der Pole auch im Skifliegen nicht zu stoppen sei. Doch offenbar hat der Trubel um seine Person und der Tournee-Stress auch bei „König Kamil“ Spuren hinterlassen. Beim einzigen Wettbewerb am Samstag reichte es nur zu Platz 21. Dennoch zählt der 30-Jährige auch am kommenden Wochenende zu den Top-Favoriten. Dafür waren seine Saisonleistungen einfach zu herausragend. Zudem ist er mit 251,5 Meter polnischer Rekordhalter. Und die neue Heini-Klopfer-Schanze liegt ihm: Im vergangenen Jahr wurde beim Samstagswettkampf Dritter. Stoch bleibt trotz des Ausrutschers am Kulm die große polnische Medaillenhoffnung.

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Andreas Wellinger (Deutschland): Zweimal Schanzenrekord und zweimal Zweiter – nimmt man die Bilanz vom Weltcup im Februar 2017 als Maßstab, dann müsste Andreas Wellinger auf der neuen Heini-Klopfer-Skiflugschanze definitiv eine Medaille gewinnen. Doch wie Kamil Stoch, konnte auch Andreas Wellinger seine tolle Tournee-Form am Kulm nicht wiederholen. Der Ruhpoldinger wurde nur 15. Aus deutscher Sicht bleibt zu hoffen, dass das schwache Ergebnis nur eine Nachwirkung der kräftezehrenden Vierschanzentournee war und der 22-Jährige ab Donnerstag topfit an den Start geht. Schließlich ist er nach dem Sturz von Richard Freitag die größte Hoffnung auf eine deutsche Einzelmedaille. Das er mit Druck umgehen kann, bewies er vergangenes Jahr mit drei Medaillen bei der Nordischen Ski-WM in Lahti.

Der erweiterte Favoritenkreis

Daniel-André Tande (Norwegen): Kaum geht es auf die ganz großen Schanzen, sind die Norweger in ihrem Element und zeigen was sie können. Dieses einfache Prinzip gilt diese Saison auch für Daniel-Andre Tande. Nach einer frustierenden Vierschanzentournee, bei der er bereits beim Auftaktspringen alle Chancen auf den Gesamtsieg vergab, zeigte sich der 23-Jährige am Kulm wie verwandelt: Rang eins in der Qualifikation und Platz zwei am Samstag. Zudem gelang ihm mit 240,5 Meter die Tagesbestweite. Bei der Vor-WM im vergangenen Jahr wurde er in Oberstdorf zweimal Vierter. Demensprechend wird Tande mit großer Vorfreude zur WM anreisen.

Robert Johansson (Norwegen): Mit Robert Johansson schaffte es beim Skifliegen am Kulm noch ein dritter Norweger unter die Top vier. Damit bestätigte er erneut seine aktuelle Top-Form. Bereits in Bischofshofen hatte er mit der Tagesbestweite im zweiten Durchgang und Platz fünf in der Tournee-Gesamtwertung aufhorchen lassen. Der 27-Jährige gilt schon länger als begnadeter Skiflieger. Im vergangenen Jahr flog er in Vikersund auf 252 Meter und damit zu einem neuen norwegischen Landesrekord. In seiner jetzigen Form ist Johansson ein Medaillenkandidat.

Stefan Kraft (Österreich): Natürlich darf der aktuelle Weltrekordhalter (253,5 m) nicht in unserer Aufzählung fehlen. Bei der Weltcup-Premiere auf der umgebauten Heini-Klopfer-Skiflugschanze im vergangenen Jahr gewann er beide Wettbewerbe. Und das obwohl Andreas Wellinger an beiden Tagen Schanzenrekord sprang. Dem Österreicher liegt die Schanze. Daher wird er, trotz der schwachen Vierschanzentournee mit einigem Selbstvertrauen nach Oberstdorf fahren. Außerdem zeigte die Formkurve in Bischofshofen mit Rang vier und beim Skifliegen mit Platz neun schon wieder nach oben.

Geheimfavoriten und ein großes deutsches Fragezeichen

Normalerweise bringt eine Generalprobe Klarheit über die Rollenverteilung. Bei der Skiflug-Generalprobe am Kulm war dies jedoch anders. Weil die Top-Stars patzten, gab es einige Überraschungen und die Favoritenliste für die Skiflug-WM wurde eher länger als kürzer.

So darf sich nun auch Simon Ammann aus der Schweiz Hoffnungen auf eine WM-Medaille machen. Mit seinem dritten Platz meldete er sich am Samstag eindrucksvoll in der Weltspitze zurück und schien selbst ein bisschen überrascht. Seine Probleme bei der Landung hat der Schweizer zwar immer noch nicht überwunden, beim Skifliegen kann er die Punktabzüge jedoch durch weite Flüge leichter ausgleichen. Auch eine erfolgreiche Titelverteidigung durch Peter Prevc scheint nicht mehr ausgeschlossen. Nach einem schweren Saisonstart kommt der Slowene immer besser in Form. In Bischofshofen wurde er Achter und am Kulm gar Sechster. Außerdem hält er mit 250 Meter den slowenischen Landesrekord. Zudem sollten auch die beiden Norweger Johann Andre Forfang und Anders Fannemel nicht vergessen werden. Auch ihnen sind die norwegischen Fliegergene anzumerken. Forfang wäre am Kulm eigentlich Achter geworden, doch er wurde nachträglich disqualifiziert. Fannemel wurde bei der Tournee Gesamtdritter und gehört außerdem zum exklusiven Klub der 250-Meter-Springer.

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Und dann wäre da ja noch Richard Freitag. Bis zu seinem bitteren Sturz in Innsbruck war er in einer herausragenden Form, mit seinen Flugqualitäten müsste man ihn eigentlich zu den Top-Favoriten zählen. Doch seit dem Drama vom Bergisel steht hinter seiner Leistungsfähigkeit ein großes Fragezeichen. Die Wettbewerbe in Bischofshofen und am Kulm ließ er als Vorsichtsmaßnahme aus, seine ersten Sprünge seit seinem Sturz werden die Flüge bei der WM sein. Es bleibt die Frage, ob und wie schnell er wieder zu seiner herausragenden Form zurückfindet. Gelingt ihm das schon in Oberstdorf, könnte er direkt wieder um die Medaillen mitkämpfen.

Die komplette Skiflug-WM live bei skispringen.com

Bereits am Donnerstag (18. Januar) wissen wir mehr. Dann beginnt die Skiflug-WM mit der Qualifikation für die Einzelkonkurrenz. Die Top 40 der Qualifikation springen dann am Freitag und Samstag den Skiflug-Weltmeister 2018 aus. Am Sonntag folgt dann der Teamwettkampf.

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Über Jonas Klinke 12 Artikel
Seit Februar 2017 im Team von skispringen.com. Verfolgt Wintersport und insbesondere Skispringen seit Kindertagen. Studiert neben seiner Tätigkeit für skispringen.com an der Hochschule Darmstadt und engagiert sich für das Bürgerradio Antenne Bergstraße.

14 Kommentare

  1. Für mich ist Kraft ein Geheimfavorit – schärfsten Mitfavoriten sind für mich die Norweger, die Deutschen spielen für mich nur eine Nebenrolle. Mit den Polen muss man immer rechnen. Hoffe nur dass die Jury weite Sprünge zulässt, nicht so wie am Kulm.

  2. Ich wünsche für alle Teilnehmer gute und sichere Sprunge aber weil Ich Pole bin drücke ich die Daumen für König Kamil er ist einfach Stark aber es ist abhängig ob Ihm die Schance liegt und die im Obersdorf in Planica und Vikersund mag er. Aber alles gute für Alle Springer

    • Wie bitte, Herr Vogel??? Das kann doch nur ein fake sein – wer schreibt denn ernsthaft so einen Schwachsinn! Aber trotzdem finde ich es nicht lustig …

  3. Ich kann mich nicht erinnern, und ich interessiere mich schon seit über 40 Jahre für Skispringen, dass es mal eine Großveranstaltung wie jetzt die Skiflug-WM ohne einen wirklichen Favoriten gegeben hat. Irgendwie sind viele gut in Form, aber wirklich überragend ist zur Zeit eigentlich niemand.

  4. Vergesst mir den Nori nicht. War am Kulm 5. und in Vikersund und Planica 2., 3. und 4.! Kasai ist zumindest beim Fliegen immer noch für Überraschungen gut.

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