Oberstdorf: Kraft schlägt Wellinger erneut

Auch beim zweiten Skiflug-Weltcup in Oberstdorf fliegt keiner so weit wie Andreas Wellinger, der Sieg geht aber wie am Vortag an den Österreicher Stefan Kraft. Wegen starken Windes wird zweite Durchgang abgesagt.

Stefan Kraft krönt das erste Skiflug-Wochenende der Saison mit einem erneuten Sieg. Mit einem Flug auf 235,5 Meter war der Österreicher auch am Sonntag nicht zu bezwingen: Der 23-Jährige erzielte insgesamt 232,6 Punkte und setzte sich damit erneut gegen Andreas Wellinger durch. Der 21-jährige Deutsche flog mit 238 Metern (220 P.) zwar erneut so weit wie kein anderer, musste wegen Problemen bei der Landung aber einige Punktabzüge in Kauf nehmen. Der slowenische Skiflug-Spezialist Jurij Tepes belegte mit 228 Metern und 215,1 Punkten den dritten Platz.

Wellinger kratzt mit Traum-Flug an 240-Meter-Marke

Wie am Vortag markierte Wellinger mit seinem Traum-Flug vor 14.200 Zuschauern einen neuen Schanzenrekord auf der umgebauten Heini-Klopfer-Skiflugschanze und sorgte damit für eine Verkürzung des Anlaufs durch die Jury. In diesem großen Weitenbereich hatte der Skispringer vom SC Ruhpolding keine Chance, einen ordentlichen Telemark zu setzen – im Gegensatz zu Stefan Kraft, der mit einer Luke weniger Anlauf vom Bakken gelassen wurde.





Nachdem die Windgeschwindigkeiten in der Pause nach dem ersten Wertungsdurchgang deutlich zugenommen haben, sah sich die Jury gezwungen, den Finaldurchgang abzusagen und das Ergebnis des ersten Durchgangs als Endergebnis zu werten.

Fünf DSV-Skispringer punkten, Tande verpasst Podium

Für die übrigen deutschen Skispringer gab es am zweiten Wettkampftag hingegen nicht viel zu holen. Richard Freitag wurde als zweitbester Deutscher mit 216 Metern Elfter. Daneben sammelten auch Markus Eisenbichler (22.), Karl Geiger (23.) und Stephan Leyhe (29.) weitere Weltcuppunkte. Team-Olympiasieger Andreas Wank hätte den Finaldurchgang als 31. denkbar knapp verpasst.

» Liveblog-Nachlese: Wellinger scheitert am Telemark

Schon bevor Kraft und Wellinger als die beiden letzten Athleten vom Bakken gingen, läutete der Norweger Daniel-André Tande eine regelrechte Weitenjagd mit einem Flug auf 225,5 Meter ein. Der Gesamtweltcup-Zweite verpasste das Podium als Vierter, punktgleich mit dem Slowenen Peter Prevc erneut knapp. Der erst 17-jährige Domen Prevc wurde mit 221 Metern Siebter, noch vor ihm landete der Pole Maciej Kot (6.).

Lewandowski gratuliert Bayern-Fan Kraft

Überhaupt präsentierten sich die polnischen Skispringer mannschaftlich stark, denn neben Kot gelang auch Piotr Zyla und Kamil Stoch der Sprung unter die Top Ten. Zyla belegte den achten Platz, der Gesamtweltcup-Führende Stoch dürfte sich etwas mehr als ein neunter Platz ausgerechnet haben.

» Stimmen zum Weltcup in Oberstdorf am 5. Februar 2017

Zumindest freute sich die Mannschaft von Cheftrainer Stefan Horngacher über hohen Besuch im Stillachtal: Der polnische Fußballer Robert Lewandowski vom FC Bayern München drückte Stoch und Co. im Stadion die Daumen und gratulierte ebenso Bayern-Fan Stefan Kraft zum zweiten Sieg im Folge.

» Gregor Schlierenzauer: Entwarnung nach Sturz in Oberstdorf

Für eine Schrecksekunde sorgte im zuvor ausgetragenen Qualifikationsdurchgang der Rekord-Weltcupsieger Gregor Schlierenzauer. Der Österreicher konnte seinen Sprung auf 201 Meter nicht stehen und blieb zunächst im Schanzenauslauf liegen. Nach einer Untersuchung im Krankenhaus in Immenstadt gab der Österreichische Skiverband (ÖSV) inzwischen vorsichtig Entwarnung.




Michael Hayböck belegte als zweitbester Österreicher den zehnten Platz. Beeindruckend stark präsentierte sich auch ein Oldie: Der 44-jährige Noriaki Kasai segelte auf 224 Meter und wurde damit Zwölfter.

» Kraft überholt Prevc: Aktuelle Weltcup-Gesamtwertung

Obwohl er sich heute mit dem neunten Platz zufrieden geben musste, verteidigt Kamil Stoch seine Führung im Gesamtweltcup. Mit insgesamt 1067 Punkten liegt der Vierschanzentournee-Sieger weiter vor Daniel-André Tande (953 P.). Stefan Kraft rückt mit 920 Zählern vor Domen Prevc auf den dritten Platz auf.

» Alle Termine im Überblick: Weltcup-Kalender 2016/2017 (Herren)

Der Weltcup-Tross der Skispringer verlässt Europa nun – die nächsten Wettbewerbe stehen am kommenden Wochenende im japanischen Sapporo auf dem Programm, eine Woche später wird im südkoreanischen Pyeongchang gesprungen, wo 2018 die Olympischen Winterspiele stattfinden werden.

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Über Marco Ries 867 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

12 Kommentare

  1. Werner Schuster ist selber Schuld.
    Er kann das Gate selber verkürzen.

    Damals ging es nicht und da sind schon Einige gestürzt, weil die zu weit gesprungen sind.

    Mittlerweile kann der Trainer das auch steuern.

    Haltet mal den Ball Flach.

    • Das mit dem freiwilligen Verkürzen ist ja ok, aber das ist eine spontane Entscheidung des Trainers und das kann der Athlet nicht beeinflussen.

      Es ist einfach unfair, dass man für weite Flüge, die man nicht mit Telemark landen kann, so viel Abzüge bekommt!!!!

  2. Ich kann das immer noch nicht fassen: Kraft gewinnt mit 12,6 Punkten Vorsprung. Wenn 1 Meter 1,2 Punkte bringt, dann hätte Wellinger bei gleicher Benotung 248,5 m (!!!) springen müssen, um zu gewinnen. Ich will ja nicht unhöflich sein aber….

    DAS IST DOCH WOHL EIN WITZ ODER?!!!!!!!!!!!!!

    • eine Luke weniger und weniger Windabzüge und wesentlich bessere Noten aufgrund schönerer Flugphase und super Landung haben den Ausschlag gegeben. Weite alleine zählt beim Skispringen und Skifliegen schon lange nicht mehr.

      • Ja aber was hätte er denn tun sollen? Für den Wind und den Anlauf kann er nichts dafür! Und man kann doch nicht erwarten, dass er im 240er-Bereich einen Telemark setzt! Das ist einfach zu riskant. Man hat bei Schlierenzauer gesehen, was passieren kann!

        Ich sag nur eines: Das System gehört geändert! Die Haltungsnoten werten jeden Superflug ab. Wenn man 238 m springt, sollte man keinen Telemark setzen müssen.
        Also, ändert das System!!!

    • Nein es ist kein Witz. Aber Jury + Windverhaeltnisse kennen auch um Sieg entscheiden . Aber beide Skispringer waren sehr gut am Samstag und Sonntag !!!

  3. Beide Wettkämpfe haben gezeigt: Wind- und Gate-Regel gehören abgeschafft! Man hat zweimal dem besten Skiflieger den Sieg vor Heimpublikum geklaut!!!

    • Die Gateregel gehört abgeschafft, da geb ich dir vollkommen recht!
      Aber die Windpunkte kann man nicht abschaffen, denn Rückenwind ist nun mal ein Nachteil!

      Ich finde aber, dass ab einer gewissen Weite jeder gestandene Sprung mind. die Note 18,0 bekommen sollte.

    • Solange man nicht bei den entscheidenden 5 bis 10 Sportlern rumschiebt passt die Regel eigentlich, nur man geht mit der Gate runter erhält Bonuspunkte und praktisch auch Bonuspunkte, bei der Landung verliert aber nur ~ 2.5 Punkte an Weite.

    • Wenn Du die Gate-Regel abschaffst, haben wir wieder die Situation, dass ein Durchgang bei veränderten Windverhältnissen neu gestartet werden muss. Das war vor ca. 8 Jahren noch so und nicht schön anzuschauen (meistens dann nur 1 Durchgang, was auch unfair ist). Die Windregel ist eine gute Sache, berücksichtigt aber meiner Meinung nach noch viel zu wenig den Nachteil Rückenwind vs. Aufwind. Wie auch immer, Kraft hatte den besseren (nicht weiteren) Sprung und hat deswegen verdient gewonnen

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