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Skispringerinnen starten in die Weltcup-Saison 2020/2021: Das müssen Sie wissen

Foto: tramplin.perm.ru

Mit dem Auftakt in Ramsau am Dachstein beginnt nun auch für die Skispringerinnen die Weltcup-Saison 2020/2021. Vor dem Auftakt auf der WM-Schanze von 1999 beantwortet skispringen.com alle wichtigen Fragen – zu Terminen, Favoriten und Highlights.

Die Termine: Wann geht’s los und was steht an?

Ziemlich genau einen Monat später als die Herren starten auch die Skispringerinnen in den WM-Winter 2020/2021. Nachdem der Weltcup-Auftakt in Lillehammer vorerst abgesagt wurde, sah es bis Ende November so aus, als würden die Damen 2020 gar kein Weltcup-Springen mehr haben. Doch dann verkündete der Österreichische Skiverband (ÖSV), dass noch ein Springen ausgetragen wird. Dieses wird am Freitag, dem 18. Dezember um 15:40 Uhr auf der HS 98 in Ramsau am Dachstein stattfinden.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags ist dieser ungeplante Saisonauftakt jedoch der einzige Lichtblick für die durch Weltcup-Absagen gebeutelten Skispringerinnen. Acht Springen wurden bereits abgesagt und keines davon ersetzt – anders als bei den Herren, bei denen vier Wettkämpfe abgesagt und durch Springen in Klingenthal und Polen ersetzt wurden. Es deutet alles darauf hin, dass die Saison erst am vorletzten Januar-Wochenende fortgesetzt wird, also nach einer fünfwöchigen Wettkampfpause.

» Alle Termine im Überblick: Weltcup-Kalender 2020/2021 (Damen)

Das bedeutet im Umkehrschluss: Zwei Monate nach dem Saisonstart der Herren haben diese 16 Weltcups und die Skiflug-WM absolviert, während die Damen bei gerade einmal einen Wettbewerb stehen. „Ich bin mir sicher, dass man auch für uns etwas organisieren hätte können, wenn man denn gewollt hätte. Bei den Herren fand man ja recht zügig Ersatz“, kritisierte die erfolgreichste Springerin der letzten Jahre, Maren Lundby, diesen Umstand gegenüber ‚TV2‘ deutlich und verdeutlichte. „Es ist sehr frustrierend, wenn man so viel Zeit investiert und seit März Tag ein und Tag aus trainiert und keine Wettkämpfe bekommt.“

Durch die Absagen der traditionellen Japan-Weltcups in Sapporo und Zao fielen gleich fünf Wettkämpfe weg, darunter auch eines von zwei Teamspringen. Das einzig verbliebene steht dann zu Wiederbeginn Ende Januar im slowenischen Ljubno ob Savinji an, dort findet ebenfalls ein Einzelspringen statt. Am Wochenende darauf folgen die aus Hinterzarten nach Titisee-Neustadt verlegten Heimweltcups des Deutschen Skiverbandes (DSV). Danach geht es dann traditionell nach Hinzenbach in Oberösterreich.

Nordische Ski-WM 2021 in Oberstdorf als Highlight

Die Juniorinnen begeben sich dann zur Junioren-WM im finnischen Lahti. Dort findet am 10. Februar das Einzelspringen statt, ehe es am 12. noch Teamspringen für Damen und Herren gibt. Ein Mixed-Team-Event, wie bei der Ausgabe 2020 in Oberwiesenthal wird es nicht geben. Durch die Absage der Olympia-Generalprobe ist dann das zweite Februar-Wochenende frei, bevor es dann zur letzten Weltcup-Station vor der WM geht, nämlich ins rumänische Rasnov. Dort findet neben einem Einzel- auch ein Mixed-Team-Springen statt, das erste im Weltcup seit 2013.

Das große Saisonziel aller Skispringerinnen ist zweifellos die Nordische Ski-WM in Oberstdorf. Zunächst stehen die Qualifikation (24. Februar), das Einzel- (25.) und das Teamspringen (26.) an, ehe das Mixed-Team am 28. Februar die Normalschanzen-Wettkämpfe beschließt. Am 3. März folgt eine echte Weltpremiere, schließlich wird dort der erste Medaillensatz für eine WM-Entscheidung auf der Großschanze vergeben. Die Qualifikation dafür findet tags zuvor statt. Somit finden erstmals in der Geschichte der Nordischen Ski-WM vier Medaillenentscheidungen für die Damen statt.

Der Saisonendspurt ist dann von den beiden Tourneen durch Norwegen und Russland geprägt. Die Raw Air findet für die Damen vom 13. bis 18. März in Oslo, Lillehammer und Trondheim statt. Am Programm gibt es keine Änderungen, somit findet an jedem der Orte eine Qualifikation und ein Einzelspringen statt, die schließlich die Grundlage für die Gesamtwertung bilden. Im Anschluss geht es sofort weiter nach Nischni Tagil, wo zwei Einzel auf der Normalschanze anstehen. Abschließend folgt das Weltcup-Finale in Tschaikowski. Die dortigen Einzel von Normal- und Großschanze komplettieren die Gesamtwertung der Blue Bird.

Was ist neu in diesem Winter?

Im Materialbereich wurden mit Anzug, Schuhen und Keilen insgesamt drei Teile der Ausrüstung angepasst. Bei den Anzügen wurde die Schnittnorm leicht modifiziert, sodass fortan ein gerader Schnitt vom Hüftbereich abwärts bis zum Schritt verwendet werden muss. Damit soll vermieden werden, dass die Athletinnen unerlaubterweise die Anzugoberfläche vergrößern und sich damit in der Luft einen Vorteil verschaffen.

Sowohl die Schuhe, als auch die Keile, die sich die Athleten zwischen Ferse und den Schuh stecken, müssen nun symmetrisch geformt sein. Zudem wurde die maximale Dicke der Keile auf 5,5 Zentimeter begrenzt. Diese Maßnahmen sollen vor allem die Landung vereinfachen und sicherer machen. Die FIS erhofft sich dadurch einen Rückgang in der Häufung von schweren Knieverletzungen.

DSV-Bundestrainer Andreas Bauer hat als Mitglied der Materialkomission diese Änderung vorangetrieben und zog beim Medientermin vor dem Weltcup-Auftakt ein erstes Zwischenfazit: „Bei den Knieverletzungen herrschte dringender Handlungsbedarf. Wir haben da in der Materialkomission wichtige und wegweisende Entscheidungen getroffen. Was mir so bekannt ist, ist die Verletzungshäufigkeit glücklicherweise rückläufig. Im Damen-Bereich weiß ich nur von zwei Kreuzbandrisssen.“

Auch abseits der zahlreichen Absagen hat das Coronavirus die Rahmenbedingungen verändert. Die FIS reagiert auf das globale dynamische Infektionsgeschehen mit einer Anpassung des Wettkampfregelements. Da es nicht auszuschließen ist, dass einzelne Nationen von Reisebeschränkungen betroffen sind, wurde das Minimum an teilnehmenden Nationen für ein Teamspringen von acht auf sechs gesenkt. Wären vor dieser Saison Teamwettkämpfe mit weniger als acht Nationen nicht durchgeführt worden, sind in dieser Saison also lediglich sechs erforderlich.

Ebenso wurde das Meldeverfahren für die Weltcup-Wochenenden angepasst, sodass die Veranstalter spätestens 42 Tage vor der Veranstaltung Rückmeldung erhalten, welche Nationen teilnehmen und welche nicht. Spätestens 30 Tage vor der Veranstaltung teilt dann die FIS nach Absprache mit den Veranstaltern mit, ob der Weltcup stattfindet oder nicht. Dazu müssen mindestens sieben der besten zehn Nationen aus dem Nationencup der vergangenen Saison gemeldet haben. Ob Zuschauer zugelassen werden, entscheiden die Veranstalter nach Absprache mit den lokalen und nationalen Gesundheitsbehörden.

Wer sind die Favoritinnen?

Als nun dreimalige Gesamtweltcupsiegerin und amtierende Weltmeisterin und Olympiasiegerin geht zwangsläufig Maren Lundby als Top-Favoritin in die Saison. Die Vorbereitung der Norwegerin lief nicht nach Plan, musste sie aufgrund eines „Springerknies“, einer schmerzhaften Knieverletzung, vier Monate mit dem Sprungtraining aussetzen. Doch bei ihrer Rückkehr auf die Schanze vor rund zwei Wochen krönte sich die 26-Jährige auf Anhieb zur ersten Staatsmeisterin auf der Großschanze. „Die ersten Sprünge geben mir ein gutes Gefühl und Selbstvertrauen, es geht in die richtige Richtung“, gab sie sich danach zuversichtlich. Mit Ausnahme der Normalschanzen in der Ramsau und in Tschaikowski konnte sie in ihrer Karriere bereits auf allen bereits bekannten Weltcup-Schanzen bereits Siege feiern.

Ihre schärfste Konkurrentin im vergangenen Winter, Chiara Hölzl aus Österreich, hatte ebenfalls Verletzungssorgen. „Ich hatte im Frühsommer Probleme mit meinem Rücken. Die Sache war akut, ich habe mich anfangs gar nicht bewegen können. Wir wussten aber schnell, woran es lag. Ich bin nun schon länger schmerzfrei und habe das Training leicht umgestellt“, berichtete die 23-Jährige, die voller Vorfreude auf den Weltcup-Auftakt auf heimischem Boden ist: „Wir haben lange Zeit gar nicht gewusst, ob wir dieses Jahr nochmal springen dürfen, deswegen ist das schon eine Art verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Ich fühle mich gut und freue mich, dass es endlich losgeht.“

Verzichten muss die Salzburgerin allerdings zunächst auf ihre Zimmerkollegin Eva Pinkelnig, die nach ihrer Not-OP nach einem Milzriss jedoch auf dem Weg der Besserung ist. „Eva ist sehr ehrgeizig und möchte so schnell wie möglich zurückkommen. Wir werden schauen, ob es sich bis zur WM noch ausgeht“, berichtete ÖSV-Bundestrainer Harald Rodlauer über die Fortschritte der 32-Jährigen, an die er weiterhin fest glaubt: „Das Gute ist, dass dieser Sturz mit ihrem Kopf nicht viel anstellen wird, weil er bei der Landung passiert ist. Anders als jene, die ihre Vorgeschichte prägen.“

Die große Unbekannte sind heuer die Springerinnen aus Übersee, die nun erstmals seit dem vorzeitigen Saisonabbruch im März wieder nach Europa reisen. Dazu zählt auch Rekord-Weltcupsiegerin Sara Takanashi, die erstmals seit Einführung 2012 nicht den Sommer-Grand-Prix gewann, weil sie eben nicht am Start war.

Als Gewinnerin dieses einzigen Sommer-Grand-Prix zählt auch Nika Kriznar zum Favoritenkreis. Der überlegene Sieg der Slowenin im tschechischen Frenstat liegt zwar bereits vier Monate zurück, jedoch ließ sie dort auch mit Marita Kramer und ihrer Teamkollegin Ema Klinec, die jüngst als erste Skispringerin positiv auf das Coronavirus getestet wurde, zwei Top-Ten-Springerinnen des vergangenen Winters hinter sich. Noch wartet die 20-Jährige auf ihren ersten Weltcupsieg, war aber auch schon in drei Saisons zuvor stets unter den besten zehn des Gesamtweltcups.

Kramer wiederum gewann 2020 ihren ersten Weltcup und drei Mal Gold bei der Junioren-WM. „Sie hat noch einmal einen Schritt gemacht. Vor allem, weil sie weiß, wohin sie möchte und bis ins letzte Detail geht“, schwärmte Rodlauer von der Saalfeldnerin, die selbst wiederum bekundete: „Ich mache mir keinen Druck, auch wenn die letzte Saison natürlich super war. Aber ich versuche bei mir und vor allem weiterhin fließig zu bleiben.“ Auch ihre nimmermüde Teamkollegin Daniela Iraschko-Stolz will nach „einer super Vorbereitung“ um Podestplätze mitkämpfen.

Welche deutschen Skispringerinnen sind in Ramsau dabei?

Sommer-Meisterin Katharina Althaus führt gemeinsam mit Juliane Seyfarth das deutsche Aufgebot an. Die übrigen Plätze nehmen mit Agnes Reisch, Luisa Görlich, Anna Rupprecht und Selina Freitag jene vier Springerinnen ein, die bei den Deutschen Meisterschaften in Oberstdorf auf den Rängen drei bis sechs landeten. Bundestrainer Andreas Bauer sagte zur Nominierung: „Es handelt sich um die sechs besten Springerinnen unseres Sichtungswettkampfs. Dort haben wir auch den B- und C-Kader-Springerinnen, die die Startvoraussetzungen für den Weltcup erfüllen, die Möglichkeit gegeben, sich zu empfehlen.“

Während Bauer „sehr froh“ ist, mit Katharina Althaus und Juliane Seyfarth „in der absoluten Weltspitze“ zu haben, traut er Luisa Görlich und Selina Freitag die nächsten Schritte in ihrer Entwicklung zu: „Vor allem Selina hat in der vergangenen Saison viele Eindrücke und Erfahrungen erst einmal verarbeiten müssen. Aber sie macht mir einen gefestigteren und konstanten Eindruck. Auch für Luisa war es ja die erste komplette Weltcup-Saison. Sie wird uns sicher zuverlässig Punkte liefern können, wie schon im vergangenen Winter.“

Für Anna Rupprecht wird es hingegen der erste internationale Wettkampf seit März 2019 sein. Die 23-Jährige vom SC Degenfeld „hat sich wahrhaftig ins Team zurückgekämpft, nachdem sie sich einen Kreuzbandriss und danach auch noch einen Knorpelschaden zugezogen hat. Für sie war es ein steiniger Weg, auf dem es mal langsam oder auch mal gar nicht voranging. Mittlerweile ist sie aber in einer guten Verfassung und macht einen gefestigten Eindruck. Auch sie kann unter die Top 30 springen“, prognostizierte der Bundestrainer.

Katharina Althaus zog ein positives Fazit nach der abgeschlossenen Vorbereitung. „Es war neu für mich, so lange konstant auf meinem höchsten Niveau zu springen. Das Springen macht zurzeit sehr viel Spaß und ich freue mich deshalb sehr auf Ramsau.“ Obwohl es im Sommer kaum Kontakt zur internationalen Konkurrenz gab, ist sich die Oberstdorferin sicher: „Man muss jedes Wochenende konstant gute Leistungen bringen und darf sich keine Fehler erlauben. Es gibt viele, die auf einem sehr hohen Niveau springen können. Und genau das macht das Damen-Skispringen auch besser und interessanter.“

Juliane Seyfarth hat „im Sommer sehr viel daran gearbeitet, dass mein Absprung noch besser funktioniert und ein Sprung wie der andere kommt. Vor allem auf den kleinen Schanzen war das meine Baustelle, doch zuletzt hat es beispielsweise auf der 70-Meter-Schanze in Seefeld super geklappt.“ Die 30-Jährige springt erstmals seit 2009 wieder mit Sprungkeilen, nachdem ihr erster Test nach der Regeländerung im Sommer „mir ein gutes Gefühl gegeben hat. Ich fliege seitdem noch besser, da mein System stabiler geworden ist.“ Zwei wesentliche Bausteine für noch bessere Leistungen seien in der Vorbereitung noch dazu gekommen und „es nutzt ja nichts, wenn nur der Flug gut ist. Alles muss passen.“

Wo kann man die Wettbewerbe live verfolgen?

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF werden vorwiegend Zusammenfassungen zeigen, einige Wettbewerbe sollen aber auch live im TV oder Live-Stream gezeigt werden. Bei Eurosport wird es wohl keine Übertragungen geben. In Österreich bietet ORF Sport+ regelmäßig Live-Übertragungen an, vereinzelt laufen die Springen auch im Hauptprogramm des ORF, wie beispielsweise beim Auftakt in Ramsau am Dachstein (Event-Übersicht mit Zeitplan & Infos).

» Skispringen live im TV: Die Übertragungszeiten im Überblick

skispringen.com bietet neben dem offiziellen Live-Ticker regelmäßig auch Liveblogs zu den Wettbewerbstagen mit ausführlicher Live-Berichterstattung zu allen Sprüngen. Wie gewohnt gibt es im Anschluss an die Wettkämpfe Berichte und Analysen.

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Über Luis Holuch 519 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

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