Vierschanzentournee in Oberstdorf

Richard Freitag gewinnt Qualifikation in Oberstdorf

Richard Freitag unterstreicht in der Qualifikation zum Auftakt der Vierschanzentournee in Oberstdorf seine Favoritenrolle. Der 26-Jährige setzt sich bei schwierigen Bedingungen gegen Kobayashi und Kraft durch. Zehn DSV-Skispringer sind qualifiziert. 

Beim erste Kräftemessen der 66. Vierschanzentournee ist es Richard Freitag eindrucksvoll gelungen, seiner Favoritenrolle gerecht zu werden. Der 26-jährige Wahl-Oberstdorfer segelte bei schwierigen Bedingungen an der Schattenbergschanze in der Qualifikation auf 130,5 Meter und setzte sich damit gegen den starken Japaner Junshiro Kobayashi durch, der bei einer Luke mehr Anlauf auf 133 Meter (142,1 P.) kam. Der Österreicher Stefan Kraft landete mit 132,5 Metern sowie 141,9 Punkten auf dem dritten Platz.

Es war kein ganz einfacher Auftakt in den ersten Höhepunkt der Olympia-Saison. Zunächst durften sich Zuschauer ebenso wie Sportler über traumhaftes Winter-Wetter freuen, im Lauf der Qualifikation bereitete der zum Teil starke Rückenwind allerdings einige Probleme.

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Mehrfach war die Jury gezwungen, die Anlauflänge zu verändern – Schlussspringer Freitag musste am Ende gleich fünf Minuten warten, ehe er zum dritten Mal auf den Startbalken rutschen und abfahren durfte. Vollkommen unbeeindruckt von der riesigen Erwartungshaltung der mehr als 14.400 Zuschauer im Stadion unterstrich der Sachse dann, dass der Gesamtsieg bei dieser Tournee nur über ihn gehen kann.

„Ich glaube, das war ein ganz feiner Sprung“, freute sich Freitag über den gelungenen Tournee-Start: „Es war wichtig für mich, mit einem guten Gefühl hinein zu starten. Aber ich will die Quali auch nicht überbewerten.“

Zehn DSV-Adler qualifiziert, Geiger mit Bestweite

Überhaupt präsentierten sich die deutschen Skispringer am Freitagabend vor Heimpublikum stark. Anders als in den vergangenen Jahren, als die Mannschaft von Bundestrainer Werner Schuster ihre Tournee-Chancen regelmäßig schon in Oberstdorf eingebüßt hat, hielten die Athleten dem Druck stand. Zehn der insgesamt 13 deutschen Skispringer ist der Sprung in den Wettbewerb am Samstag gelungen.

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Für Riesenjubel sorgte neben Freitag vor allem Karl Geiger. Der Lokalmatador vom SC Oberstdorf segelte auf die Bestweite von 133,5 Meter und belegte damit den vierten Platz. Auch Stephan Leyhe (8.) und Markus Eisenbichler (10.) platzierten sich in der Ausscheidung unter den Top Ten.

Der Gesamtweltcup-Zweite Andreas Wellinger belegte bei schwierigen Bedingungen den 14. Platz, ließ sein Potenzial aber im zuvor ausgetragenen Training aufblitzen. Daneben sind aus der deutschen Mannschaft auch David Siegel (16.), Pius Paschke (30.), Constantin Schmid (44.), Andreas Wank (47.) und Martin Hamann (48.) startberechtigt.

Kraft bester Österreicher, Schlierenzauer enttäuscht

Dass die österreichischen Tournee-Hoffnungen einzig auf Kraft ruhen, daran hat sich auch bei der ersten Standortbestimmung nach Weihnachten nichts geändert. Hinter dem Gesamtsieger der Saison 2014/2015 konnte aus der Mannschaft von Cheftrainer Heinz Kuttin nur Michael Hayböck als 13. halbwegs überzeugen.

Mehr ausgerechnet hat sich hingegen Rekord-Weltcupsieger Gregor Schlierenzauer, der mit mäßigen 117 Metern nicht über Platz 35 hinaus kam und im K.o.-Duell auf den Deutschen Siegel trifft. „Mit dem Training war ich zufrieden, in der Qualifikation war der Sprung vom Tisch weg nicht ganz so sauber. Die Bedingungen waren nicht ganz einfach“, so Schlierenzauer.

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Johann Andre Forfang belegte als bester Norweger hinter Geiger den fünften Platz. Sein Teamkollege Daniel-André Tande kam nicht über einen 20. Platz hinaus. Der Tournee-Dritte des vergangenen Jahres ging ebenso wie beispielsweise der polnische Doppel-Olympiasieger Kamil Stoch (28.) in einer schwierigen Phase über den Bakken. Beide müssen sich am Samstag steigern, wollen sie im Kampf um den Titel mitmischen.

Einen deutlichen Aufwärtstrend verzeichnet Peter Prevc. Der Slowene, der zuletzt seiner starken Form aus der Saison 2015/2016 hinterher gesprungen ist, belegte mit 127 Metern den sechsten Platz. Auch Junshiro Kobayashis jüngerer Bruder Ryoyu wusste mit dem neunten Platz zu überzeugen.

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Tim Fuchs (52.), Moritz Bär (61.) und Felix Hoffmann (65.) aus der nationalen Gruppe der deutschen Gastgeber sind an der Qualifikation ebenso gescheitert wie die beiden Russen Denis Kornilov (55.) und Dimitry Vassiliev (56.) sowie Jurij Tepes aus Slowenien (57.).

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Erstmals ernst bei der 66. Tournee wird es am Samstag: Dann startet um 15 Uhr zunächst der Probedurchgang, bevor um 16:30 Uhr (alles live bei skispringen.com) die erste Entscheidung auf dem Programm steht.

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Über Marco Ries 867 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

11 Kommentare

  1. Ich kann mich noch an folgendes erinnern: Martin Schmitt hat die Springen in Oberstdorf und Garmisch gewonnen, leider aber dann in Innsbruck Rang 13 und in Bischofshofen Rang 14 belegt. Er hat die Tournee in Österreich verloren.

    _____
    Adler sollen fliegen weit und hoch und frei

  2. „In den vergangenem Jahren… ihre Tourneechancen regelmäßig schon in Oberstdorf eingebüßt“:
    So schnell den Sieg von Severin Freund vergessen?

  3. @Kegelbruder

    Ich bin grundsätzlich für folgende Änderungen:

    1. Nur mehr die Landung sollte für die Haltungsnoten ausschlaggebend sein. Weil Unsicherheiten in der Luft können auch durch den Wind verursacht werden und außerdem wirken sich die dann eh in der Weite aus, wenn es tatsächlich Fehler gewesen sind.
    2. Es soll eine bestimmte Weite festgelegt werden, ab der ein gestandener Sprung eine Mindestnote von etwa 17.0 oder 17.5 bekommt, damit weite Sprünge, die schwer zu stehen sind, nicht bestraft werden.
    3. Man sollte einen Fairnessgrad einführen, der angibt wie fair ein Durchgang verlaufen ist. Sowas kann man durchaus aus den Wind- und Gatepunkten aller Athleten statistisch ermitteln. Wenn der erste Durchgang gemäß dieses Fairnessgrades unfair verlaufen ist, sollte er durch die Qualifikation ersetzt werden können, sofern diese fairer verlaufen ist.
    Ich bin auch dafür, dass Athleten, die zuviel Windpunkte bekommen haben, ihren Sprung wiederholen dürfen.

    Die von Ihnen geforderte automatische Bewertung halte ich für sinnvoll, ist aber sicher nicht einfach umzusetzen.
    Aber grundsätzlich sollten sich die Abzüge auf tatsächliche Fehler beschränken und nicht ästhetische Unterschiede bei den Athleten in die Bewertung miteinbezogen werden.

    Man sollte auch die Bewerbe abbrechen, wenn der Wind wirklich verrückt spielt. Die Wind- und Gateregel wird leider zu oft missbraucht.

  4. @Kegelbruder

    Die Punkterichter bewerten kürzere Sprünge generell schlechter, Wind hin oder her. Das hat nix mit einer Verschwörung gegen deutsche Skispringer zu tun.
    Zugegeben, es ist nicht ganz ok.

    • Ich habe auch gar nichts von einer Verschwörung geschrieben. Stoch und Tande waren genauso betroffen. Wenn ich allerdings an die „Raw Air“ denke, dann ist es nicht das erste Mal, dass Wellinger sowohl von der Jury als auch von den Wertungsrichtern seltsam (um es vorsichtig auszudrücken) behandelt wird. Mit ging es in meinem Kommentar lediglich um die Leistung der Jury und um das Verhalten der Punktrichter. Soweit mir bekannt ist, machen diese Personen ihre Arbeit nicht ehrenamtlich. Dann kann man eventuell auch einen adäquaten Gegenwert für Entlohnung verlangen. Ich bin generell der Meinung, dass die Punktrichter mittlerweile durch eine automatische Wertung ersetzt werden könnten. In Zeiten der Algorithmen sollte das kein Problem mehr darstellen. Man legt Kriterien und Parameter für einen perfekten Sprung fest, der Computer stellt dann anhand verschiedenster Bildeinstellungen eventuelle Abweichungen fest und bestimmt eine Gesamtnote. Möglichkeiten einer menschlichen Beeinflussung würden somit gänzlich ausscheiden, allerdings verlören die Medien auch Ansatzpunkte für Diskussionen und Spekulationen.

  5. Freitag scheint diesmal wirklich in einer überragenden Verfassung zu sein. Eine ähnlich starke Form würde ich mir auch von der Jury wünschen. Leider wird das wohl ein frommer Wunsch bleiben! Das Vorgehen heute war wieder einmal mehr als interessant. Man lässt Wellinger bei -1.25 (also Rückenwind) aus Luke 10 starten. Peter Prevc durfte bei fast denselben Windverhältnissen aus Luke 12 anfahren. Die Noten für den dann durchaus guten Sprung des Andreas Wellinger waren insgesamt 4 Punkte schlechter als bei Kraft (Wind: -0,02). Fällt es irgendwann vielleicht auch einmal dem verbohrtesten Punktrichter ein, dass Wellinger bei dem Wind aus dieser Luke einfach nicht mehr weiter springen kann? Forfang darf bei + 0.31 aus Luke 11 starten, Wellinger bei -1.25 aus Luke 10. Muss man das verstehen? Ich wäre schon froh, wenn mir jemand das Verhalten der Jury und der Punktrichter Wellinger gegenüber erklären könnte. Da für den morgigen Tag noch turbulentere Bedingungen vorhergesagt sind, könnte es leider sein, dass eine überforderte Jury mit mehr als seltsamen Entscheidungen den Wettbewerb entscheidet, im Zusammenspiel mit „lustigen“ Noten der Wertungsrichter. Jedes Mal wird wohl auch ein Richard Freitag in Topform das „Anlaufbalken-Wechsel-dich-Spiel“ nicht ohne Schaden überstehen.

    • Stimmt, das hat man auch gut daran gesehen, dass er eigentlich nur unweit der grünen Linie gelandet ist, welche ja von ner durchschnittlichen 18/18,5 ausgeht. Bei vergleichbaren Verhältnissen ist derzeit Freitag echt schwer zu schlagen. Bei krassen Aufwind-Ausreissern kanns auch mal nen Norweger der 2. Reihe machen, siehe Fannemel.

    • Hey Leute, die Jury war immer schon öfters entweder überfordert (wenn wir mal nichts Böses unterstellen wollen) oder aber absichtlich wettbewerbsbeeinflussend. Mit Miran Tepes an der Ampel war das Ganze aber noch viel krasser (siehe nur mal Andreas Wellinger in Kuusamo).

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