Das neue Leben des Sven Hannawald: Was macht der Vierschanzentournee-Sieger heute – und wie meisterte er den größten Kampf seiner Karriere?
Er zählt zu den schillerndsten und zugleich sensibelsten Figuren in der deutschen Sportgeschichte: Sven Hannawald, die Skisprung-Legende, die im Winter 2001/2002 einen Rekord für die Ewigkeit aufstellte. Über zwei Jahrzehnte nach seinem historischen Erfolg ist „Hanni“ von der Schanze nicht verschwunden, sondern hat sich neu erfunden. Sein Leben hält eine inspirierende Geschichte über Triumph, Zusammenbruch und den Mut zur Veränderung bereit.
Ein Rekord für die Ewigkeit: Das Wunder von 2002
Sven Hannawalds Karriere ist untrennbar mit dem Winter 2001/2002 verbunden. Bei der Vierschanzentournee gelang ihm als erstem Springer überhaupt der sogenannte „Grand Slam“: vier Siege in allen vier Springen (Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen). Dieser Triumph zementierte seinen Status als Ikone und machte ihn über Nacht zum Nationalhelden.
Die Saison krönte er zusätzlich mit dem Weltmeistertitel im Skifliegen und der Goldmedaille im Teamspringen bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City. Hannawald verkörperte in dieser Zeit das Ideal des perfektionistischen, hochkonzentrierten Athleten. Doch der ständige Druck, die immense Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und die selbst auferlegte Perfektion führten zu einer schweren Krise.
Der mutige Schritt: Karriere-Ende wegen Burnout
Im Jahr 2004 musste Hannawald einen abrupten Schlussstrich unter seine glanzvolle Karriere ziehen. Er machte seine Erkrankung öffentlich: Burnout. Damals war das Thema in der Sportwelt weitgehend tabuisiert.
Hannawalds Offenheit, mit der er über seine tiefe Erschöpfung, die Schlafstörungen und die innere Leere sprach, war ein bahnbrechender Moment. Er wurde für viele zu einer Symbolfigur im Kampf gegen psychische Belastungen im Leistungssport. Er zog sich für lange Zeit aus der Öffentlichkeit zurück, um sich auf seine Heilung zu konzentrieren und sein Leben fernab von Kameras und Sprungschanzen neu aufzubauen.
Vom Sportler zum gefragten Experten und Redner
Heute ist Sven Hannawald 51 Jahre alt und hat seinen Platz in der Sportwelt wiedergefunden, wenn auch in einer völlig neuen Rolle: als geschätzter TV-Experte. Er analysiert die Weltcup-Springen und Großereignisse in seiner Funktion für die ‚ARD‘ an der Seite von Moderation Lea Wagner.
Seine Stärke als Kommentator liegt in der Kombination aus fundiertem technischem Wissen – er kann sofort erkennen, wo ein Springer den Absprung verpasst hat – und seiner Fähigkeit zur psychologischen Einordnung. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen kann er den mentalen Druck, unter dem die Athleten stehen, besser beurteilen und mit einer einzigartigen Empathie vermitteln.
Neben seiner Fernsehtätigkeit hat Hannawald eine zweite Karriere als Vortragsredner aufgebaut. Er hält Keynotes, in denen er offen über seine Burnout-Erkrankung spricht. Seine Vorträge drehen sich um Themen wie den Umgang mit Perfektionismus, das Erkennen von Warnsignalen, Resilienz und die Balance zwischen Leistung und Gesundheit – Erkenntnisse, die er aus seinem eigenen tiefen Fall gewonnen hat und die nicht nur im Sport, sondern auch in der Wirtschaft relevant sind.
Zudem widmete sich Hannawald lange Zeit seiner Leidenschaft für den Motorsport. Er bestritt mehrere Rennen in verschiedenen Serien und zeigte, dass sein Ehrgeiz auch abseits der großen Schanze ungebrochen ist. Sein heutiges Engagement macht deutlich: Sven Hannawald hat den schwierigsten Sprung – den ins „zweite Leben“ – erfolgreich gemeistert und nutzt seine Geschichte nun, um andere zu stärken.

Schreiben Sie jetzt einen Kommentar