Scharfe Kritik nach Planica-Debakel

Timi Zajc schießt öffentlich gegen slowenischen Nationaltrainer

Foto: GEPA

Nach dem Debakel beim Auftakt der Skiflug-WM brodelt es im slowenischen Team. Offenbar ist das Verhältnis zwischen den Springern und den Trainern zerrüttet. Timi Zajc fordert Trainer Gorazd Bertoncelj sogar zum Rücktritt auf.

Die slowenischen Skispringer haben bei der Skiflug-WM in Planica (Event-Übersicht mit Zeitplan & Infos) am ersten Tag enttäuscht. Anze Lanisek ist als bester von ihnen nach zwei von vier Durchgängen nur 17.. Bor Pavlovcic und Domen Prevc liegen zur Halbzeit auf den Plätzen 20 und 23, während Hoffnungsträger Timi Zajc als 27. ebenfalls enttäuschte. Der 20-Jährige veröffentlichte unmittelbar nach dem ersten Wettkampftag einen Post auf Instagram, in dem er seiner Enttäuschung Luft machte – und gegen Nationaltrainer Gorazd Bertoncelj schoss.

„Traurigerweise ist heute alles in sich zusammengebrochen. Ich habe den ganzen Sommer über trainiert, um über die letzte Linie hinaus zu fliegen. Ich denke, dass die Trainer einen Großteil der Verantwortung dafür auf sich nehmen müssen“, schrieb der Zweite des Skiflug-Weltcups der vergangenen Saison. Im ohnehin enttäuschenden Team fiel er mit 205 und 199 Metern noch am deutlichsten ab, während der einstige Vorzeigespringer Peter Prevc – 2016 noch Skiflug-Weltmeister am Kulm – es nicht einmal ins Aufgebot schaffte.

Zajc fordert Konsequenzen

Zajc‘ Kritik fiel noch härter aus: „Leider muss man genau so arbeiten, wie sie (die Trainer, Anm. d. Red.), sonst wirst du sofort aus dem Nationalteam ausgeschlossen.“ Damit verwies er neben fehlenden Freiheiten im Trainingsalltag auch auf einen seiner Ansicht nach zu autoritären Führungsstil Bertonceljs. Demnach sei es nicht erlaubt, auch mit anderen Trainern zu trainieren oder gar einen Privattrainer zu engagieren. „Aus diesem Grund möchte ich, dass der Cheftrainer die Verantwortung für die schlechten Leistungen aller slowenischen Springer übernimmt“, forderte Zajc.

Kurz zuvor wurde er von Bertoncelj im slowenischen Fernsehen für seinen Auftritt am Freitag auf der Letalnica kritisiert: „Es gab keine Hebelwirkung am Schanzentisch, weshalb er eine sehr flache Flugkurve hatte und keinerlei Geschwindigkeit generieren konnte. Vor allem angesichts der guten Bedingungen waren seine Sprünge schwach.“ Der 44-Jährige bezeichnete Zajcs Äußerungen nach dem Wettkampf („Ich weiß nicht, was schiefgelaufen ist, da müssen sie den Trainer fragen.“) als „typische Reaktion eines Springers, der enttäuscht ist.“

Bertonceljs Bilanz seit Amtsantritt durchwachsen

Aber nicht nur die schwachen Leistungen bei der Skiflug-WM auf heimischem Boden seien Grund für die große Enttäuschung, so der Springer aus Ljubno: „Wir alle wollen Medaillen, aber, wie immer in den letzten beiden Jahren, hängen die Ergebnisse einzig und allein an mir.“ Mit Domen Prevc und Tilen Bartol markierten gleich zwei seiner Teamkollegen den Post mit einem Like, ebenso Routinier und TV-Experte Jernej Damjan. Auch aus anderen Nationen erhielt Zajc, der zum Schluss „vielen Dank und auf Wiedersehen“ schrieb, Zuspruch für sein Statement.

Seit Bertonceljs Amtsantritt im Sommer 2018 erzielte Timi Zajc mit sechs Podestplätzen die meisten im Team, zudem war er mit Platz neun und 14 der beste Slowene im Gesamtweltcup. Peter Prevc kam nach seinem Gesamtweltcupsieg in der Saison 2015/2016 gerade einmal auf fünf Top-3-Ergebnisse. Auch in den Mannschaftsspringen blieben die Slowenen unter den Erwartungen: Unter Bertonceljs Regie mit sechs Podiumsplätze (ein Sieg, ein zweiter und vier dritte Plätze) deutlich unter den Erwartungen. Der Trainer, der seinerzeit die Nachfolge von Goran Janus angetreten hatte, wurde von Beginn an von den skisprungbegeisterten Slowenen und der Presse aufgrund seines zurückhaltenden und wenig temperamentvollen Auftretens kritisch gesehen.

Auch interessant: Auch bei der Skiflug-WM bleiben die Skispringer von Corona nicht verschont. Die schweizerischen Skispringer sind bereits abgereist, weil es innerhalb der Mannschaft einen positiven Test gab.

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Über Luis Holuch 542 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

4 Kommentare

  1. @Christian Himmler
    Ich bin der Meinung,dass auch ein Slowenischer Skispringer ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat. Das beinhaltet auch Kritik zu üben, sonst kann und wird sich ja nie etwas ändern. Das Einzige was man ihm negativ anrechnen könnte ist, dass man so etwas besser intern und nicht in der Öffentlichkeit geklärt hätte. Allerdings wird doch heutzutage alles über soziale Medien geklärt. Selbst Politiker „twittern“ mehr als dass sie regieren.

  2. daumen hoch für dich ich wünschte unser fußball bundestrainer wäre auch endlich weg der ist auch so ein atmodischer grisgram und hat trainingsmetoden von vorgestern

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