DSV-Adler gehen leer aus

Gastgeber Slowenien gewinnt WM-Mannschaftsspringen in Planica

Die slowenischen Herren gewinnen zum Abschluss der Heim-WM das Teamspringen in Planica. Während die Gastgeber ihren ersten Team-Titel bei einer WM feiern, geht das deutsche Team nach einem Gate-Poker leer aus.

Besser hätte der Abschluss dieser Nordischen Ski-WM für die Gastgeber kaum sein können: Slowenien ist erstmals Team-Weltmeister! Lovro Kos, Ziga Jelar, Timi Zajc und Anze Lanisek sprangen am Samstagabend zu 1178,9 Punkte und nehmen damit die letzten Goldmedaillen der WM mit. 1166 Punkte und damit Silber sicherte sich das Team aus Norwegen (Johann Andre Forfang, Kristoffer Eriksen Sundal, Marius Lindvik und Halvor Egner Granerud). Bronze mit 1139,4 Punkten ging an Österreich (Daniel Tschofenig, Michael Hayböck, Jan Hörl und Stefan Kraft).

„Wir haben alle noch einen Schritt nach vorne gemacht und auf höchstem Niveau abgeliefert. Und genau das zählt hier: Es ist eine Teamleistung und ich bin dankbar dafür, dabei zu sein. Wir sind Weltmeister und jetzt können wir das richtig genießen!“, strahlte Jelar über seine erste WM-Medaille – einen Fakt, den er mit Teamkollege Kos gemeinsam hat. Bei den zweitplatzierten Norwegern waren mit Sundal und Lindvik ebenfalls zwei Springer dabei, die noch kein WM-Edelmetall hatten, bei den Österreichern mit Tschofenig einer. Titelverteidiger Deutschland wurde Fünfter.

Polens Poker geht nicht auf

Auch Polen (Kamil Stoch, Piotr Zyla, Aleksander Zniszczol und Dawid Kubacki) war bis zum letzten Sprung noch an einer Medaille dran. Coach Stefan Thurnbichler ging mit einer Anlaufverkürzung um zwei Einstiege vor Kubackis zweitem Sprung All-In, wurde jedoch nicht belohnt. Der Bronze-Medaillengewinner des Einzels kam lediglich auf 128,5 Meter und verpasste somit die nötigen 131 Meter, die für die erhoffte Gutschrift von 10,4 Punkten nötig gewesen wären. Genau diese hätte die Polen noch an Österreich vorbei- und zumindest Bronze noch eingebracht.

Eisenbichlers Achterbahn der Gefühle

Das DSV-Quarttet aus Markus Eisenbichler, Constantin Schmid, Andreas Wellinger und Karl Geiger ging beim Versuch, den Titel von Oberstdorf 2021 zu verteidigen, als Fünfter ebenfalls leer aus. „Wir haben gekämpft und gezeigt, dass wir auch sehr gut Ski springen können. Nur leider haben wir im ersten Durchgang schon zu viele Fehler gemacht“, analysierte Bundestrainer Stefan Horngacher in der ‚ARD‘. Er hatte noch vor seinem österreichischen Landsmann Thurnbichler den Joker einer Anlaufverkürzung gezogen, nämlich bei Eisenbichlers Sprung im Finale.

Der Siegsdorfer verpasste die erforderlichen 131 Meter mit seinen 130,5 Meter denkbar knapp. Entsprechend fuhren seine Gefühle im ‚ARD‘-Interview Achterbahn: „Vom Gefühl her war der Sprung super, er hat sich echt gut angefühlt. So, wie ich ihn mir vorstelle und ich hätte gedacht, er reicht. Deswegen war ich überrascht, dass er nur so knapp über 130 Meter war. Ich bin natürlich angefressen, wir waren schließlich an den Medaillen dran. Es ist dann schade, wenn man sich so knapp verzockt und es war so auch nicht abgesprochen. Ich vertraue den Trainern aber, ich hätte ihn halt einen halben Meter weiter ziehen müssen.“

Horngacher sah es nach dem Springen ähnlich: „Verzockt haben wir uns sicher nicht. Wir haben es durchkalkuliert und gemerkt, dass wir diese zwei Luken weniger bräuchten, um die Medaillenchance zu halten. Wir haben Bedenkzeit gebraucht, um es zu berechnen. Leider war Markus dann schon oben und wir hatten keinen Funkkontakt mehr. Aber wir haben es ihm auch zugetraut, er ist ein arrivierter, erfahrener Springer und hat es wirklich super gemacht.“ Selbst mit den besagten 10,4 Punkten mehr hätte es jedoch keine Medaille für den DSV gegeben.

Schweizer und US-Boys historisch gut

Umso größer war derweil die Freude im Schweizer Team: Gregor Deschwanden, Killian Peier, Remo Imhof und Simon Ammann landeten um 1,2 Punkte vor dem Japan (Naoki Nakamura, Junshiro Kobayashi, Ren Nikaido und Ryoyu Kobayashi), in dem nur Vize-Weltmeister Ryoyu Kobayashi in Normalform sprang, und damit auf Rang sechs. Für die Eidgenossen ist es das beste Ergebnis in einem WM-Mannschaftsspringen seit den Titelkämpfen im Jahr 1995 in Thunder Bay (Kanada), wo sie Rang fünf belegten.

Noch eine Dekade länger musste die USA darauf warten, bei einer WM überhaupt mal wieder in den zweiten Durchgang zu kommen. Waren es 1985 noch Nils Stolzlechner, Mark Konopacke, Rick Mewborn und Mike Holland, die in Seefeld Fünfte wurden, wurden Decker Dean, Casey Larson, Andrew Urlaub und Erik Belshaw an diesem Samstag diejenigen, die den achten Platz einfuhren und dieses Ergebnis von historischer Dimension entsprechend bejubelten.

Kasachen denkbar chancenlos

Finnland (Eetu Nousiainen, Vilho Palosaari, Antti Aalto und Niko Kytösaho) fehlten 15,6 Punkte zu den Top 8, die sich ersten Durchgang stetig angesammelt hatten. Damit ersprangen die Nordlichter aber dennoch fast 100 Punkte mehr als die zehntplatzierten Rumänen (Andrei Feldorean, Nicolae Sorin Mitrofan, Mihnea Alexandru Spulber und Daniel Andrei Cacina), die in den beiden hinteren der vier Gruppen jeweils auf dem letzten Platz landeten.

Den elften und letzten Platz hatten derweil die Kasachen fix gebucht. Ihr Wettkampf begann denkbar schlecht, weil Startspringer Svyatoslav Nazarenko aufgrund eines zu weiten Schritts im Sprunganzug nicht zum Start zugelassen wurde. Sabirzhan Muminov, Sergey Tkachenko und Danil Vassilyev sprangen somit nur noch für die eigene Ehre, wobei Vassilyev mit 120 Metern der mit Abstand stärkste war.

» Weltcup-Kalender 2022/2023: Alle Termine im Überblick (Herren)

Die Nordische Ski-WM in Planica ist für die Skispringer nun beendet. Die nächsten Springen stehen dann vom 10. bis 12. März in Oslo an, wo am legendären Holmenkollen die Raw-Air-Tour beginnt (alles live bei skispringen.com).

skispringen.com-Newsletter

Aktuelle Nachrichten, spannende Hintergrund-Informationen und Veranstaltungs-Hinweise per E-Mail abonnieren. Weitere Informationen zum Newsletter und Datenschutz

Über Luis Holuch 522 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

11 Kommentare

  1. Glückwunsch an die Slowenen zum verdienten Sieg! Schade,dass meine Lieblingsmannschaft Finnland es nicht in den 2. Durchgang schaffte.

  2. Gratulation an slowenischen Team. Ihr habt das schön gemacht und verdient gewonnen. Ich als Fan von der deutschen Mannschaft, gratuliere euch herzlich. Als klar war das unsere deutsche Mannschaft nicht gewinnen wird ( das war mir nach dritten Sprung klar), habe ich voll auf den Sieg von Slowenien gehofft. Slowenische Springer haben heute den kleinem Land riese Freude bereitet.Eigentlich für mich unbegreiflich das Slowenien noch nie Teamweltmeister war. Heute war Entschädigung für Teamwettbewerb in Peking 2022, damals haben die slowenische Springer Sieg einfach weggeworfen. Schade das Peter Prevc zu diesem Team nicht gehörte, vielleicht hätte er aufgrund von momentane Leistung auch nicht ins Team geschafft. Gratulation auch an Medaillen Gewinner. Und unsere deutsche Mannschaft braucht auch nicht traurig zu sein. Das ist Sport. Ich möchte auch den Schweizern Kompliment aussprechen. Tolle Leistung. Und an alle Skisprungfans, es war eine wunderbare WM. Mit vielen Gewinnern. Wir sehen uns in Oslo

  3. Schön, dass eine Mannschaft in ordentlichen Anzügen gewonnen hat! Glückwunsch an Slowenien zur Heim-Titelpremiere!

    Und, man glaubt es kaum, heute wurde jemand wegen zu weitem Schritt disqualifiziert. Nicht etwa z.B. Znisczol, der es jetzt den ‚Großen’ nachmacht, nein – Nazarenko aus Kasachstan. Kann man ja mal machen. Nicht dass noch jemand denkt, wir kontrollieren hier gar nicht mehr…

  4. War die erhoffte Goldmedaille für das Gastgeberland,in der Technischen Bewertung einiger Sprünge ( Noten ) gab es recht auffällige Diskrepanzen.Andreas Wellinger konnte mir dieser Schanze nicht recht “ Frieden “ schließen. Er kam nicht wirklich an sein “ Top- Niveau heran.

  5. Das etwas enttäuschende Abschneiden auf der Großschanze der deutschen Herren kann ich ob der Gesamtbilanz irgendwie verkraften. Zusätzlich haben mit den Slowenen die Richtigen Gold geholt. Apropos Kraft, die eine müde 1/4 Bronze gönne ich ihm, und auch sonst alles „Windpech“ das auch nicht mit den großzügigsten Noten diesmal kaschiert werden konnte :-D…Auch der sonst alles in Grund und Boden springende Granerud ist mit 2x Teamsilber deutlich hinter den Befürchtungen zurück geblieben. Fazit: Passst scho

Kommentar schreiben

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Diskussionsregeln, die Netiquette.


*