Tops & Flops

Dawid Kubacki sorgt für kollektives Aufatmen

Foto: Newspower

Nach sechs Siegen in Serie muss sich Ryoyu Kobayashi in Norditalien Dawid Kubacki geschlagen geben. Die DSV-Adler erleben ein mäßiges Wochenende – mit einem Lichtblick. skispringen.com analysiert die Tops & Flops von Val di Fiemme.

Es war zweifelsohne die wichtigste Erkenntnis des vergangenen Weltcup-Wochenendes: Ryoyu Kobayashi ist zu besiegen. Noch zur Hälfte der beiden Einzelwettbewerbe im italienischen Val di Fiemme hatte erheblicher Anlass zur Skepsis bestanden, war der japanische Überflieger der Konkurrenz am Samstag doch einmal mehr davongeflogen. Angesichts seines sechsten Sieges in Folge, inklusive Einstellung des Schanzenrekords und einem rekordverdächtigen Vorsprung von 26,5 Punkten auf Platz zwei, warf Kobayashi zumindest bei Fans und Experten die Frage auf, wie er in dieser Saison überhaupt noch zu stoppen sei.

Kubackis Arbeit zahlt sich aus

„Ryoyu war weit weg von uns“, stellte auch der am Samstag zweitplatzierte Dawid Kubacki fest. „Aber das interessiert uns nicht. „Alles was wir tun können ist, uns auf unsere Sprünge zu konzentrieren, und dann werden wir sehen, ob wir ihn schlagen können.“ Gesagt, getan. Tatsächlich war es der 28-jährige Pole, der die Siegesserie von Kobayashi am Sonntag zum reißen bringen sollte und so auch dessen alleinigen Rekord von sieben Weltcuperfolgen hintereinander verhinderte. Für Kubacki selbst, der im Weltcup zuvor schon sechs Mal auf dem Podest stand, war es der erste Sieg überhaupt. „Dafür habe ich lange gearbeitet, ich bin wirklich zufrieden, dass sich dies nun auszahlt“, sagte er nach seinem Erfolg.

Ein Erfolg, der sich abgezeichnet hatte, hatte es Kubacki doch schon am ersten Wettkampftag auf das Podium geschafft und bereits während der Vierschanzentournee geglänzt. Die größte Punktezahl in beiden Durchgängen und ein großer Vorsprung von 13,9 Punkten auf den Zweiten Stefan Kraft liefern weitere Belege dafür, dass in Kubacki ein für Kobayashi ernst zu nehmender Konkurrent herangereift ist.

Ungewohnter Moment der Schwäche

Dieser musste sich nach einem herausragenden ersten Wettkampftag letztlich nicht nur dem Polen, sondern auch sich selbst geschlagen geben. Denn 122,5 Meter ließen Kobayashi im Finaldurchgang von Platz zwei gar noch auf Platz sieben zurückfallen. Dass der Japaner einen ungewohnten Moment der Schwäche zeigte, dürfte bei der Konkurrenz wie bei den Fans für kollektives Aufatmen gesorgt haben. Kobayashi ist zu bezwingen, den Rivalen aus Polen, Deutschland und Österreich kann diese Erkenntnis neuen Auftrieb geben. Zumindest für einen Tag ist die Spannung an der Spitze im Weltcupzirkus zurückgekehrt.

Einen Beitrag konnten hierzu auch Kubacki’s Teamkollegen Kamil Stoch und Piotr Zyla leisten. Insbesondere Stoch kam auf der Schanze, auf der er im Jahr 2013 Weltmeister geworden war, gut zurecht, und wusste mit zwei dritten Plätzen zu überzeugen. „Ich hatte jüngst einige technische Probleme, speziell in der Anfahrtshocke. Vor allem heute habe ich aber wirklich einen guten Job gemacht“, war Stoch am Sonntagabend glücklich darüber, dass er sich im Vergleich zu seinen Leistungen bei der Vierschanzentournee verbessern konnte. Auch Zyla gelang als Siebenter und Zehnter ein Schritt nach vorne. Im Gesamtweltcup belegen Stoch, Zyla und Kubacki nun die Plätze zwei, drei und vier, auch im Nationencup hat die polnische Mannschaft die Führung wieder übernommen. Das Team von Stefan Horngacher fährt beflügelt zum Heimweltcup nach Zakopane am kommenden Wochenende.

Schuster: „Haben Potenzial liegen lassen“

Kollege Werner Schuster hofft dort hingegen auf ein besseres Ergebnis seiner Schützlinge als noch im Fleimstal. Für den deutschen Bundestrainer verlief das Wochenende eher durchwachsen, angefangen am Freitag, als sein derzeit bester Mann Markus Eisenbichler wegen eines zu großen Anzuges nach der Qualifikation aus der Wertung genommen wurde. Auch im Wettkampf ließ sein Team „Potenzial liegen“, wie Schuster analysierte. Zwei fünfte Plätze von Stephan Leyhe und David Siegel waren das höchste der Gefühle, mit dem Sieg hatten die Deutschen diesmal nichts zu tun.

„Speziell bei Karl Geiger und Stephan Leyhe ist schon ein bisschen was schiefgegangen“, resümierte der Bundestrainer nach dem zweiten Wettkampftag, an dem sich seine angesprochenen Athleten nur auf den Plätzen 18 und 19 wiederfanden. Auch Richard Freitag (17. und 16.) und Andreas Wellinger (zweimal 26.) konnten keinen entscheidenden Schritt nach vorne machen. Erfreulich für Schuster war hingegen die Leistung von David Siegel, der schon während der Vierschanzentournee gute Sprünge gezeigt hatte und mit Platz fünf am Sonntag erstmals in den Top Ten landete. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass es jetzt so schnell geht. In dieser Saison kann jetzt kommen was will, mein Ziel ist erreicht“, sagt der 22-Jährige euphorisiert.

Kraft: „Kann ruhig bis zur WM warten“

„Sehr zufrieden“, war auch Stefan Kraft mit seinem persönlichen Italien-Wochenende. Hatte er am Samstag als Vierter das Podest noch knapp verpasst, bedeutete Rang zwei am Sonntag den vierten Podiumsplatz in den letzten sechs Springen für Kraft. „Auf meinen ersten Saisonsieg kann ich ruhig bis zur WM warten, aber meine Sprünge werden besser und besser und ich habe sehr viel Spaß“, freute sich der Österreicher, der sich inzwischen auf absolutem Topniveau stabilisiert hat. In Predazzo hielt er die ÖSV-Fahne jedoch alleine hoch, mannschaftlich blieben dem Team von Trainer Andreas Felder einmal mehr Reserven. Aufhorchen ließ zwar Manuel Fettner mit einem starken achten Platz, für Ernüchterung aber sorgte der zuletzt aufstrebende Daniel Huber. Er verpasste im zweiten Wettkampf den Finaldurchgang.

Kleiner Schritt der Norweger

Als einen kleinen Schritt in die richtige Richtung lässt sich das Mannschaftsresultat der Norweger interpretieren. Blieb das Team von Trainer Alexander Stöckl zunächst noch ohne Top-Ten-Platzierung, konnten sich am Sonntag immerhin vier Mannen aus dem Herkunftsland des Skispringens unter den besten 13 versammeln und zeigen, dass sie an guten Tagen noch immer eine schlagkräftige Truppe stellen. Überzeugen konnte dabei vor allem Robert Johansson als Vierter. Etwas stabilisiert zu haben scheint sich nach durchwachsen verlaufener Vierschanzentournee auch Johann Andre Forfang, er kam auf die Plätze elf und zwölf. Ob sich der leichte Aufwärtstrend der Norweger bestätigt, werden die kommenden Wettkämpfe in Zakopane zeigen.

Weiterhin kleine Brötchen backen muss die slowenische Garde, auch in Val die Fiemme blieb der große Befreiungsschlag erwartungsgemäß aus. Dem Team von Gorazd Bertoncelj fehlt nach wie vor ein Mann für Topplatzierungen. Einst dafür zuständig war Peter Prevc, doch der Gesamtweltcupsieger aus dem Jahr 2016 blieb nach einer zuletzt eingelegten Trainingspause im Fleimstal ohne Weltcuppunkte. So war es einmal mehr die junge Garde um Anze Semenic, Anze Lanisek und Timi Zajc, welche mit Platzierungen zwischen Rang zehn und Rang 21 Anlass zur Hoffnung auf bessere Zeiten gab.

Ammann nährt sich an

Seine besten Zeiten hat Simon Ammann wohl schon hinter sich, doch der Routinier wird nicht müde, es auch im hohen Skisprungalter nochmal wissen zu wollen. Stetig hatte er sich zuletzt verbesserte, auf der „Trampolino dal Ben“ erzielte er mit Platz neun nun sein erstes Top-Ten-Ergebnis der Saison. Es wird spannend zu beobachten sein, ob Ammann seinen Aufwärtstrend bis zur WM in Seefeld Ende Februar weiter fortsetzen kann. Dass Ammann aber längst nicht mehr als einziger Schweizer für positive Resultate sorgt, zeigte sich einmal mehr in den Leistungen von Killian Peier, welche ihm am Ende einen neunten und einen elften Rang einbrachten.

Erneut als Gewinner durfte sich auch Roman Koudelka nach den beiden Wettbewerben auf der WM-Schanze von 2013 fühlen. Dass ein verpatzter zweiter Sprung am Sonntag eine Topplatzierung verhinderte und letztlich nur zu Platz 14 führte, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass der 29-Jährige Tscheche nach einer starken Tournee und Platz sechs am Samstag auf dem besten Weg ist, sich wieder in der Weltspitze festzusetzen. Ob es jedoch auch für mehr als Top-Ten-Ergebnisse reicht, werden die kommenden Weltcupspringen zeigen.

skispringen.com-Newsletter

Aktuelle Nachrichten, spannende Hintergrund-Informationen und Veranstaltungs-Hinweise per E-Mail abonnieren. Weitere Informationen zum Newsletter und Datenschutz

Über Sebastian Theuner 16 Artikel
Seit Dezember 2013 im Team von skispringen.com. Hat bereits seit dem Kindesalter ein Faible für das Schreiben und den (Skisprung-)Sport. War und ist bei verschiedenen Tages-, Wochen- und Fachzeitungen als Praktikant und freier Mitarbeiter tätig. Studiert an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

1 Kommentar

Kommentar schreiben

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Diskussionsregeln, die Netiquette.


*