Besonderes Jubiläum im Erzgebirge

So feierte Pöhla 20 Jahre "Ladies' Cup"

Foto: Jan Simon Schäfer

Mit dem jährlichen Alpen Cup feiert Pöhla 20 Jahre Sommerskispringen der Damen. Anlässlich dieses Jubiläums blickt skispringen.com zurück und verrät, welche Weltklasseathletinnen hier ihre ersten internationalen Erfolge feierten.

Während der Sommer-Grand-Prix nach den Wettkämpfen in Courchevel in eine fünfwöchige Pause gegangen ist, wird andernorts viel geboten. Und so lohnt es sich, über den Tellerrand der Weltelite hinaus und in die Nachwuchsklassen hinein zu blicken. So feiert der SV Fortuna Pöhla 1884, der Heimatverein Jens Weißflogs, in dieser Woche ein ganz besonderes Jubiläum, zu dem es allerhand berichtenswertes gibt, wie skispringen.com findet. Von wegen Sommerloch also!

Pöhla hat sich in Schale geworfen – kein Wunder, denn mit dem Alpen Cup der Skispringerinnen stand der wichtigste Wettkampf des Jahres an. Doch es ist nicht irgendein Alpen Cup, sondern das 20. Jubiläum der Sommer-Wettkämpfe im Spezialspringen der Damen. Dem Anlass entsprechend wurde im kleinen Ortsteil der Großen Kreisstadt Schwarzenberg im Erzgebirge so richtig aufgefahren: Neben einem frisch renovierten Anlauf, auf den sich die Springerinnen der Jahrgänge 2003 bis 2009 freuen durften, wurde für die Besucher unter anderem eine Beachbar eingerichtet.

„Blitzaktion“ bringt Schanze in Ordnung

Doch, viel fehlte nicht und es wäre gar nicht zu diesem Jubiläum gekommen. Rund zwei Wochen vor dem Alpen Cup besuchten Funktionäre des Internationalen Ski- und Snowboardverbandes (FIS) die Pöhlaer Schanze, um sie zwecks der Verlängerung des Zertifikats zu inspizieren. Dabei stießen sie allerdings auf einige Mängel, die sofortiges Handeln erforderten. Ohne Zertifikat keine internationalen Wettkämpfe – so besagen es die Regeln.

Vor allem die Anlaufspur und deren seitliche Begrenzung, die nicht mehr der Mindesthöhe von drei Zentimetern entsprach, sowie der Teppich links und rechts der Anlaufspur stellten ein Problem dar. Doch die Mitglieder des SV Fortuna Pöhla 1884 und die Stadt Schwarzenberg verloren keine Zeit und baten Peter Riedel um Hilfe. Der Erzgebirgler aus Raschau ist einer der bekanntesten Spurenbauer der Welt und schob ein geplantes Projekt auf, um in Pöhla auszuhelfen. „Das ist Ehrensache bei uns in der Region“, sagte der 59-Jährige, der keine zwei Kilometer von der Anlage, die ihm am Herzen liegt, zu Hause ist.

In nicht mal zehn Tagen wurde die Schanze wieder in Ordnung gebracht, eine wahrhafte Blitzaktion, auf der alle Beteiligten trotz 35.000 Euro Unkosten stolz sind. Über das gelungene Teamwork freute sich auch Riedel, wenngleich er sich augenzwinkernd fürs nächste Mal „ein bisschen weniger Stress“ wünschte. Auch am Rahmenprogramm war er mit seiner Firma beteiligt, sie stellten eine mobile Schanze für Kinder zur Verfügung.

Die illustre Liste der Siegerinnen von Pöhla

Diese konnten den vielen Weltklasse-Skispringerinnen früherer und jetziger Tage nacheifern, die auf der Pöhlbachschanze ihre ersten internationalen Erfolge feiern konnten. Gleich sieben Springerinnen, die in Pöhla gewannen, trugen sich später auch im Weltcup in die Siegerliste ein. Darunter war neben Deutschlands aktuell bester Skispringerin Katharina Althaus, die vor zehn Jahren siegte, auch Weltcup-Rekordsiegerin Sara Takanashi, die 2011 triumphierte. Mit Althaus, Coline Mattel (Siegerin 2010) sowie Daniela Iraschko-Stolz (Premierensiegerin 2002) gewannen sogar drei Siegerinnen später Medaillen bei den Olympischen Winterspielen.

Exotischste Gewinnerin in Pöhla war zweifellos Virag Vörös im Jahr 2016, die vier Jahre später als erste und bislang einzige Ungarin Weltcuppunkte holen konnte. „Ich erinnere mich, dass meine Form sehr gut war und beide Springen zuvor in Klingenthal gewonnen hatte. Und ich wollte unbedingt dran anknüpfen. Das ist mir mit dem Sieg am ersten Tag gelungen, am zweiten Tag passte nur die Landung nicht. Aber auch darüber habe ich mich auch sehr gefreut und habe die Gewinnertorte mit den anderen auf dem Podest geteilt“, erinnerte sich Vörös im Gespräch mit skispringen.com.

„Ich habe nur wunderbare Erinnerungen an die Alpen-Cup-Tour: Alle, die daran beteiligt waren, waren so enthusiastisch und herzlich“, bekannte Vörös, die im Alter von 22 Jahren vor rund einem Jahr ihre Laufbahn beendete. Bei den Springen mit der längsten Startliste von 59 Springerinnen (2007 und 2008) respektive 15 Nationen (2009) war Vörös noch nicht dabei. Diese fielen in den Zeitraum, in dem in Pöhla sogar Continentalcups stattfanden, die seinerzeit dem heutigen Weltcup-Niveau entsprachen und somit wahrlich erstklassig waren.

Die Gästeliste der Stars in Pöhla

Auch die Liste der prominenten Gäste neben der Schanzen der vergangenen 20 Jahre ist lang: Für den bekanntesten Pöhlaer Jens Weißflog ist es reine Ehrensache vor Ort zu sein, auch, weil er Schirmherr der Wettkämpfe ist. Aber auch Persönlichkeiten wie der jüngst zurückgetretene Richard Freitag oder der 2007 verstorbene Bundestrainer Reinhard Heß ließen sich bereits am Pöhlbach blicken.

Heuer waren es sechs jener 15 Springerinnen, die bei der Premierenauflage 2002 dabei waren – angeführt von Eva Ganster, die seinerzeit mit Siegerin Daniela Iraschko einen österreichischen Doppelsieg einfuhr. Dritte wurde am 4. September 2002 Jessica Jerome, die gemeinsam mit Landsfrau Alissa Johnson die weiteste Anreise hatte – auch diese Woche waren die beiden US-Amerikanerinnen anwesend. Von der damaligen deutschen Mannschaft gesellten sich Stephanie Krieg, Kristin Schmidt und die Vize-Weltmeisterin von 2009, Ulrike Gräßler, hinzu.

Die ehemaligen Skispringerinnen Kristin Schmidt (GER), Alissa Johnson (USA), Eva Ganster (AUT), Jessica Jerome (USA), Stephanie Krieg und Ulrike Gräßler (beide GER) waren als Ehrengäste gekommen.

„Es hat sich ein bisschen so angefühlt wie damals, als man sich nach zwei Monaten Wettkampfpause wieder getroffen hat“, berichtete Ulrike Gräßler skispringen.com vom Wiedersehen mit ihren damaligen Mitstreiterinnen und war sich sicher: „Hätte es nicht die Einladung aus Pöhla gegeben, hätten wir uns in der Konstellation so sicher nicht getroffen.“ Die Vize-Weltmeisterin von 2009 wurde 2003 Zweite in Pöhla und wurde damit gleichzeitig deutsche Meisterin. Dieser Tage bemerkte sie vor allem „den Aufwand, der hier für einen Alpen Cup auf einer 60-Meter-Schanze betrieben wird. Da braucht es viel Einsatz und Menschen für.“

Genau dieser Aufwand wurde auch in jeder Hinsicht belohnt: Vor der rekordverdächtigen Zuschauerzahl von über 700 sprang am Mittwoch die Französin Lilou Zepchi zum Sieg, die zuvor bereits beide Springen in Klingenthal gewonnen hatte. Die 15-Jährige konnte ihren Sieg tags darauf wiederholen und schrammte mit 65,5 Metern nur um einen halben Meter am Schanzenrekord vorbei. Das beste deutsche Ergebnis fuhr am Mittwoch die Oberstdorferin Sina Kiechle, die sogar noch ein halbes Jahr jünger als die Französin ist und Zweite wurde. Und aus der Vergangenheit lässt sich ableiten: Beide könnten eine große Zukunft vor sich haben – und sich dann daran erinnern, wo und wie alles begann.

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Über Luis Holuch 538 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

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