Top-Athleten gegen Quali-Pflicht

Vor Weltcup-Auftakt: Heftige Kritik an Regeländerung

Vor dem Weltcup-Auftakt 2017/2018 üben Bundestrainer Werner Schuster und Andreas Wellinger Kritik an der Regeländerung, die zur Qualifikations-Teilnahme verpflichtet. Auch aus dem ÖSV-Lager regt sich Widerstand, Athleten fordern mehr Mitspracherecht.

Die Regel-Revolution, die im Rahmen der FIS-Herbstsitzung im Oktober offiziell beschlossen wurde, sorgt für Unmut bei den Beteiligten. Wenige Tage vor dem Weltcup-Auftakt im polnischen Wisla wird entsprechende Kritik laut.

Dass die besten zehn Athleten des Gesamtweltcups in Zukunft nicht mehr vorqualifiziert sind und sie zur Teilnahme an der Qualifikation gezwungen werden, gefällt Bundestrainer Werner Schuster nicht. Die Änderung sei für ihn „aus heiterem Himmel“ gekommen: „Ich habe keinen Anlass gesehen, dass man das unbedingt in einer Olympia-Saison ändern muss“, erklärte Schuster. „Man spricht immer von Chancengleichheit, vergisst aber dass die Top-Leute die Sportart repräsentieren und wegen Pressekonferenz und Terminen oft anderthalb Stunden länger an der Schanze sind.“

» Stefan Kraft: „Ich rechne mit Andreas Wellinger“

Bei der Vierschanzentournee begrüßt der Bundestrainer die Änderung zwar („dadurch fällt die Taktiereri weg“) sieht aber auch Risiken: „Der Zuschauer konnte sich bislang sicher sein, dass zum Schluss die Besten noch dabei sind. Hoffentlich müssen wir nicht bei der Tournee darüber diskutieren, wenn Top-Springer in der Quali ausscheiden, weil es zu schneien begonnen hat.“

Kritik auch von Schlierenzauer und Kraft

Auch aus dem Lager der Springer wird inzwischen Kritik an der Regeländerung laut, die während des zurückliegenden Sommer-Grand-Prix getestet wurde. „Ich finde es schade, dass es den Luxus, die Quali auszulassen, nicht mehr gibt“, erklärte Andreas Wellinger gegenüber skispringen.com: „Aus marketingtechnischer Sicht kann ich es verstehen. Aber die, die vorne sind, sind oft Stunden länger an der Schanze und somit leidet die Regenerationszeit.“

Skispringer fordern mehr Mitspracherecht

Auch Stefan Kraft konnte der Änderung zunächst nichts abgewinnen. „Sicher hätte ich mir gewünscht, mir die Freiheit nehmen zu können, die Quali vor allem bei schlechten Bedingungen einmal auszulassen. Aber ich bin noch jung und werde das aushalten“, sagte der österreichische Skispringer bei ‚Servus TV‘. Deutlicher wurde Teamkollege Gregor Schlierenzauer, der nach Verletzung an seinem Blitz-Comeback arbeitet: „Das ist im Sinne des Marketings und der Einschaltquoten, aber sicher nicht im Sinne des Athleten.“

Die Regeländerung wurde durch den Internationalen Skiverband (FIS) initiiert und durch eine Abstimmung unter den nationalen Verbänden mehrheitlich beschlossen. Am Ende waren die Stimmen der kleinen Skisprungnationen entscheidend – wie schon bei der Umverteilung des Preisgeldes von den Top Ten auf die Top-30-Athleten, die zur Saison 2009/2010 beschlossen wurde. Mehrere große Verbände wie Deutschland, Österreich und Polen haben nach skispringen.com-Informationen gegen die verpflichtende Qualifikations-Teilnahme gestimmt.

» Alle Termine im Überblick: Weltcup-Kalender 2017/2018 (Herren)

Grundsätzlich fordern sowohl Wellinger als auch Kraft mehr Mitspracherecht für die Athleten. „Andreas Stjernen hat als Athletensprecher eine Stimme in der FIS-Sitzung. Aber das ist eine von 30 – und die spricht für alle Athleten. Es wäre schön, wenn wir da mehr Mitspracherecht hätten“, erklärte Wellinger.

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Über Marco Ries 876 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

16 Kommentare

  1. Ich finde, die Punktrichter sollte man entlassen.
    Die haben zum Teil keine Ahnung.Ich ärgere mich jedesmal über
    diese Männer.

  2. Ich finde es mehr als gerecht.Es wurde Zeit,das diese Regelung getroffen wurde. Letztendlich geht es um sportliche Leistungen im jeweiligen Springen und dort müssen alle Athleten gleich behandelt werden, also müssen sich alle qualifizieren.
    Mich wundert das die Athleten nicht auf die Barrikaden gegangen sind, was die Qualifikation bei der Vierschanzentournee betrifft.Die Regel ist zwar schon etliche Jahre,ich werde mich damit nie anfreunden,denn Ungerechter geht es kaum.

  3. Ich finde man hätte die Quali Regeländerung nur für die Vierschanzentournee geltend machen können! Diese ewige Taktikren hat den lucky loosern oftmals keine Chance gelassen….aber das nun in der olympischen Saison komplett zuändern, finde ich den Spitzenathleten, die für diesem Sport vor und nach den Wettkämpfen repräsentativ sind, unfair! Die Pressearbeit und die dafür aufzubringende Zeit ist nicht zu unterschätzen. Gerade für die absoluten cracks ist die Regenerationszeit essentiell. Malschauen was die Saison bringt.

  4. Ein richtiger Schritt wie ich finde.
    In den Trainingsdurchgängen vor der Quali springen die Topspringer meistens sowieso.
    Das wertet die Qualifikation wieder etwas auf und durch die Wind- Anlaufkompensation sollte das Risiko auszuscheiden für die Topathleten gering genug sein.

  5. Ich bin ähnlicher Meinung wie Werner Schuster. Die Topathleten haben eine Zusatzbelastung durch die Termine drumherum und repräsentieren damit die Sportart. Da war die fixe Quali für diese Springer irgendwo ein Ausgleich. Die meisten sind ja eh gesprungen, ausser das Wetter war schlecht oder ein Springer vllt angeschlagen. Dieser Ausgleich fällt nun weg und lässt die Belastung für die Topspringer steigen.
    Bei der Vierschanzentournee war diese Änderung lange überfällig, der Modus war so kaum tragbar.
    Es ist schade, dass die Springer so wenig Mitspracherecht haben und ihre Bedenken oft erst äußern können wenn alles schon geschlossen ist.

      • Ich gehe davon aus, dass alle diese Springer Profis sind. Wer bezahlt sie? Sie haben – meistens – keinen anderen Beruf mit dem sie später ihren und ihrer Familie Unterhalt finanzieren können. Wie lange dauert so ein Springerleben, mit dem sie auch etwas verdienen und wenn möglich auch etwas für die Zukunft auf die Seite legen können? Alle diese Fragen interessieren die Herren/Damen? in den Gremien nicht. Hauptsache den Zuschauern wird ein Spektakel geboten. Keiner dieser Entscheider muss bei übelstem Wetter seinen Arsch auf die Schanzen dieser Welt hieven aber darüber entscheiden, wer wann wo etwas zu tun hat, das lassen die sich nicht nehmen. Und wenn sich dann einer oder mehrere dieser Athleten erdreisten nicht genehme Meinungen zu sagen, dann erhalten sie dafür entsprechende Maulschellen und diese selbsternannten Hüter der „Sportgesetze“ sagen doch tatsächlich, dass sie sich mündige Sportler wünschen und auch fördern! Darüber kann ich nur laut lachen! Fehler, die von diesen Personen gemacht wurden blieben immer ohne Konsequenzen und das wird sich auch mit Sicherheit nicht ändern, selbst wenn sich dadurch ein Sportler den Hals bricht!!!

  6. Endlich wird es wieder interresanter beim zuschauen wenn auch die besten Athleten mal ausscheiden können und dafür die vermeintlich schlechteren die Möglichkeit dadurch haben sich zu qualifizieren.
    Das ist auch Zeit geworden das diese Regel kommt.

  7. Die Kritik gewisser Besten ist aber auch überzogen. Dann muß man halt mal ein paar Minuten länger an der Schanze sein. Davon hängt schließlich auch ab, wie hoch ihre Werbeverträge dann ausfallen. Und selbst wenn es dann mal einen Favoriten erwischt, das Publikum liebt es auch mal Außenseiter gewinnen zu sehen. Hauptsache meckern….

  8. Wieder einmal ist die Arroganz der Herren an der Spitze eines Weltverbandes nicht zu übertreffen( siehe FIFA ), es ist wahr, die Athleten müssen endlich ein Recht zur Mitentscheidung erhalten, nur dann wird es gerechter. Aber Geld und der Kommerz regieren eben alles.

    • Und was genau sind die Termine drum herum? Das ist doch der Kommerz, warum die Top Springer der Meinung sind, der eine Sprung mehr, wäre so eine Belastung.

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