Tops & Flops

Gewinner und Verlierer der 69. Vierschanzentournee in der Analyse

Gregor Schlierenzauer kann nur vereinzelt gute Sprünge bei der Vierschanzentournee zeigen. Zu den Verlierern zählt der Rekord-Weltcupsieger aber aus einem anderen Grund.

DSV-Team schwächelt in der Breite

Die Vierschanzentournee ist auch immer ein Stück weit das Duell Deutschland gegen Österreich. Und obwohl das ÖSV-Team zum zweiten Mal in Folge keinen Podestplatz einfahren konnte, geht es in diesem Vergleich als Sieger hervor, wenn man sich die Breite beider Mannschaften anschaut. Insgesamt neun Springer der Alpenrepublik konnten im Verlauf der vier Springen Weltcuppunkte einfahren, darunter mit Thomas Lackner, Markus Schiffner, Maximilian Steiner, Clemens Leitner und Daniel Tschofenig gleich fünf Springer, die nicht Teil der Nationalmannschaft sind.

Bei den Deutschen war es außerhalb der sechsköpfigen Stammmannschaft lediglich Richard Freitag, der in Partenkirchen den Sprung ins Finale schaffte. Dennoch versprühte Bundestrainer Horngacher Zuversicht im Hinblick auf die kommenden Aufgaben: „Natürlich ist der Druck schon groß und gerade die jüngeren, unerfahreneren tun sich ab und an schwer, ihre Leistungen abzurufen. Ich sehe uns aber auf einem guten Weg und bin mir sicher, dass es bei den nächsten Weltcups dann wieder ganz anders aussehen wird.“

Schlierenzauer sorgt für unrühmliches Ende

Auch sein Landsmann Andreas Widhölzl, der die rot-weiß-roten Adler betreut, fokussierte sich in der Analyse gegenüber dem ‚ORF‘ aufs Positive: „Man erwartet sich immer mehr. Wir lassen uns aber nicht drausbringen. Wir haben gut gearbeitet und können den Weg nur weitergehen, den wir eingeschlagen haben.“ Auch die Tatsache, dass im bisherigen Saisonverlauf nur Daniel Huber den Sprung aufs Podest schaffte, beunruhige ihn nicht. „Wir sind jetzt immer knapper dran. Ich schätze, dass demnächst das erste Stockerl da ist“, prognostizierte der Tourneesieger von 1999/2000.

Für Unmut sorgte am Dreikönigstag jedoch Gregor Schlierenzauer. Nach einem missratenen Sprung in seinem K.o.-Duell mit Peter Prevc machte sich der Rekord-Weltcupsieger aus dem Staub und schwänzte die Materialkontrolle, was folgerichtig zur Disqualifikation führte. „Auch in einer so bitteren Niederlage gehört eine Stärke dazu. Zu dieser Stärke gehört auch, dass man zur Materialkontrolle hingeht“, kommentierte der Sportliche Leiter des ÖSV, Mario Stecher, das Fehlverhalten des 31-Jährigen, das seine Position innerhalb des Teams sicherlich nicht stärkte, wenngleich dieser sich nach der Tournee in seinem Blog öffentlich entschuldigte.

Organisation funktioniert trotz Corona-Maßnahmen

Auch den Gewinnern der Tournee gehören auch die Organisatoren an den vier Veranstaltungsorten: Dass es angesichts der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht einfach werden würde, mehrere hundert Akkreditierte – neben Springern, Trainern und Betreuern auch Journalisten, Fotografen und Kameraleute – an den Tournee-Orten zu koordinieren, war vorauszusehen. Bis auf einige Anlaufschwierigkeiten wie das ständige Einscannen der Akkreditierungen lief aber alles weitgehend glatt. Dass es nach dem Corona-Chaos um Klemens Muranka während der Tournee zu nur einem weiteren Corona-Fall im russischen Team kam, zeigt, dass auch das Testkonzept gut funktioniert hat.

Was abseits der Schanzen geschah…

Mehr denn je standen auch die Berichterstatter heuer im Fokus, schließlich waren die TV-Übertragungen und Livestreams die einzige Möglichkeit, die Tournee im Bewegtbild zu verfolgen. Besonders positiv dabei hervorstach der ehemalige Bundestrainer Werner Schuster. Zusammen mit seinem Ex-Schützling Martin Schmitt bildete er bei ‚Eurosport‘ ein starkes Experten-Tandem und konnte auch in seiner Rolle als Co-Kommentator überzeugen. Seine Sprunganalysen waren gewohnt prägnant, zudem ließ der Kleinwalsertaler auch immer wieder kleine Anekdoten einfließen.

Abermals unfreiwillig zuschauen mussten hingegen die Skispringerinnen, die einmal mehr außen vor blieben. Die Tournee-Veranstalter gaben sich in Person von Präsident Johann Pichler der Aufnahme der Frauen ins Programm aufgeschlossen gegenüber, allzu bald wird diese wohl jedoch nicht Realität werden. Dass es „nur ein paar Athletinnen“ gebe, für die es sich nicht lohne, einen solchen Event auf die Beine zu stellen, wie FIS-Renndirektor Sandro Pertile äußerte, ist jedoch eine gewagte These.

Schließlich waren beim bislang einzigen Frauen-Weltcup der laufenden Saison in Ramsau 62 Starterinnen dabei – und die Startliste dort damit genauso lang wie die in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen und sogar länger als in Innsbruck und Bischofshofen, wo nur 60 respektive 59 Springer am Start waren. Es war nicht die einzige Äußerung eines Funktionärs im Laufe der Tournee, die für Unmut und öffentliche Proteste seitens der Athletinnen sorgte. Es rumort wie schon lange nicht mehr, schließlich waren diese zehn Tage dem Image des Frauen-Skispringens keine Hilfe.

Auf der ersten Seite erklären wir, wer die großen Gewinner der zurückliegenden Vierschanzentournee waren. Zurück zu Seite 1:

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Über Luis Holuch 521 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

21 Kommentare

  1. Eine richtig gute Analyse, die sich auf das Event konzentriert hat. Danke. Die „Nebengeräusche“, die hier auch teilweise in de Kommentaren zu finden sind, wurden doch komplett als Nebensache abgetan.
    Überhaupt sollten „wir“ hier auf das übliche Social Media Behaviour verzichten. Die Kommentare sollen sich am Sport orientieren.

    An das Team: Weiter so…ihr solltet viel mehr Leser haben

  2. Beträchtliche Teile der polnischen Fans für mich auch als Flop.
    Generell einige sehr schlechte Gewinner. So sympathisch die polnischen Springer, so unsympathisch Teile deren Fans. Egal ob hier oder auf einschlägigen Seiten.

  3. Stoch nervt so langsam richtig. Gerade in dieser Saison waren viele andere deutlich stärker und hätten es so mehr verdient gehabt…auch bei den Weltcupsiegen wird er Malyz bald überholen, selbst Schlieri ist nicht mehr außer Reichweite. Hatte gehofft das es mit 33 so langsam bergab geht, ich mag den Typen einfach nicht…

    • @Robi, wo liegt eigentlich Ihr Problem? Wieso nervt Kamil Stoch, weil er mit 33 Jahren immer noch solche Bilderbuch-Sprünge abliefert? Oder weil er auch nach so vielen Jahren immer noch erfolgreich ist? Wenn andere Springer deutlich stärker waren, wie Sie sagen, warum haben sie dann nicht gewonnen? Wahrscheinlich fehlte dann doch noch ein bisschen Konstanz und Klasse.
      Sie müssen ihn ja nicht mögen, aber Sie könnten wenigstens so fair sein und seine sportlichen Leistungen anerkennen.

      • Es gibt eben Leute oder Sportler die man nicht mag, die man unsympathisch findet…Soll vorkommen, meinst du nicht?…Demnach habe ichs ihm auch nicht gegönnt, der war in dieser Saison jetzt auch nicht sonderlich gut, aber immer wenns zur Tournee geht ist er auf den Punkt immer und immer wieder da…Wenn ich jdn. nicht mag oder unsympathisch finde dann gönne ich ihm auch nichts und mich ärgert auch das er bald Malysz einholen wird, den fand ich damals klasse, genauso wie Ahonen den er jetzt auch überholt hat…

          • Donnerwetter, jetzt hast es mir aber gegeben^^. Freu dich doch für deinen Stoch, ich hasse den halt, so ists eben…

          • Eher sind eure Reaktionen darauf äußerst grenzdebil. Ihr müsst an sich gar nicht darauf reagieren, aber selbst wenn, gibt halt verschiedene Meinungen und Ansichten. Kann man so hinnehmen ohne denjenigen dann dumm anzumachen oder zu beleidigen…

        • @Robi, das war jetzt nicht ich, die Sie als Schwachkopf bezeichnet hat. Das würde ich eventuell denken, aber nicht öffentlich posten. Hier scheint es noch eine Andrea zu geben.

          • Wie auch immer, hätte es Springern wie Geiger, Eisei oder Granerud geüwsncht um mal ein paar zu nennen, auch einem Kubacki von mir aus. Allen anderen quasi außer Stoch. Ist halt so…

            Jaja, eventuell würdest du es denken;-)…Kannst mich ruhig duzen..

          • Hier ist Namenklau und Verleumdung angesagt, hat man mit mir auch gemacht. Es geht ohne Registrierung zu leicht.

  4. dieses angebliche „gehate“ hat gar nicht stattgefunden.. wieder mal so eine erfindung der deutschen qualitätsmedien 😀

  5. Ich habe auf eine sportliche Einordnung der Vierschanzentournee seitens Skispringen.com gewartet. Grundsätzlich ist der Artikel gut, hat aber ein paar Schwächen aus meiner Sicht:

    1. Weißflog hat die Tournee 4 mal gewonnen (Ahonen 5 mal), Wirkola und Recknagel 3 mal. Und jetzt natürlich Kamil Stoch.

    2. Tops:

    – Kamil Stoch, da muss man nicht viel dazu sagen. Sowohl sportlich als auch menschlich der Sieger der Tournee
    – Stekala als Newcomer mit Platz 6 ein tolles Ergebnis und sehr gute Einzelwettkämpfe
    – Mit Abstrichen Geiger: Viel Licht aber auch viel Schatten. Dennoch konnte er sich im letzten Springen aufbäumen und die Tournee für sich mit Platz 2 auch positiv beenden. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass er in Innsbruck viel Glück hatte, dass er überhaupt im 2. Durchgang dabei war….ansonsten würde das Fazit hier anders ausfallen
    – R. Kobayashi: er kommt langsam wieder zurück und konnte mit Platz 6 unbemerkt eine gute Platzierung einfahren. Es bleibt spannend, ob er im Verlauf der Saison weitere Verbesserungen realisieren kann
    – Lindvik: Sportlich auf alle Fälle ein Gewinner! Hätte wahrscheinlich ohne die Erkrankung Stoch gut Paroli bieten können. Allerdings auch irgendwie eine der tragischen Figuren….
    – Das polnische Team: Unglaublich stark und einfach eine positive Truppe, die sich wunderbar ergänzt! Ohne den Wirbel um den positiven Corona-Test in Obersdorf wäre vielleicht sogar ein noch besseres Ergebnis drin gewesen. Hier würde ich Kubacki und Zyla in Obersdorf ein noch besseres Ergebnis zutrauen

    Flops:
    – Das restliche deutsche Team. Alle sind (auch mein Top Geiger) unter ihren Fähigkeiten zurückgeblieben. Irgendwie ist der Wurm drin. Zudem scheint das Verhältnis zwischen Freitag und Horngacher auch nicht das beste zu sein. Anders kann ich mir nicht erklären, dass auch in Tittisee Neustadt Freitag auch nicht dabei ist…
    – Granerud für mich der große Verlierer. Er muss noch viel lernen. Völlig unnötig, nach Innsbruck namentlich gegen Stoch zu provozieren, auch wenn die Reaktion auf das Interview danach überzogen war. Auch der Poker mit dem Gate und der anschließende 4. Platz muss man als Niederlage werten. Es bleibt spannend, ob er das abschütteln und wieder zur alter Stärke finden kann oder ob das länger an ihm nagt
    – Lanizek: für mich die tragische Figur. Von der Form her hätte er durchaus um den Tourneesieg kämpfen können, hat es aber schlichtweg mit dem Sturz und den Aussetzern nicht auf die Schanze bringen können. Hängt sicherlich auch mit der Unruhe im Team zusammen
    – Das österreichische Team: Auch hier wieder hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Hier scheint man vor allem die guten Trainingsleistungen nicht in den Wettkampf bringen zu können
    – Organisation in Obersdorf: Sehr unglücklich, dass die „Corona-Regeln“ nicht eindeutig formuliert waren und zum Teil unterschiedlich ausgelegt wurden, siehe polnisches, deutsches und russisches Team. Man hat dann noch zum Glück die Kurve bekommen. Man muss es nämlich klar und deutlich sagen: ohne die Polen dieses Jahr wäre der sportliche Wert der Tournee sehr zweifelhaft gewesen (4 Polen unter den Besten 6!)

    • @Lato
      Hallo, Lato. Sie müssen aus Polen sein, denn Ihr Nickname erinnert mich an den großartigen Fußballer Gzergoz Lato (hoffentlich so richtig geschrieben), einen Spieler aus den 1970ern. Ich teile Ihre Auswertungen. Kamil Stoch war doch schon aktiv, als der polnische Sportdirektor Malysz als aktiver Springer seine großen Erfolge eingefahren hat.. Meine Topfavoriten für en wm-Titel auf der Großschanze: Granerud und Stoch. Unser deutsches Team schwächelt, das ist nicht von der Hand zu weisen. Meine Topfavoriten für den Team-wM-Titel sind Polen und Norwegen.

  6. Weißflog hat viermal die Tournee gewonnen und nicht nur dreimal, wie oben genannt. Er stand 83/84, 84/85, 90/91 und 95/96 ganz oben.

  7. Die Art und Weise und vor allem die Härte mit der Granerud und seine Freundin für vergleichsweise harmlose Aussagen von den polnischen Fans gehatet wurde, war wohl auch ein Lowlight/Flop dieser Tournee

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