Vorwurf der "Grauzonen-Kultur"

Norwegen-Skandal: Ex-Trainer Brevig und Betreuer kritisieren FIS und drohende Strafen

Foto: imago / NTB

Im Zuge des Manipulationsskandals wehren sich Norwegens Ex-Cheftrainer Brevig und zwei Betreuer gegen die drohenden Strafen: In einem Schreiben an die FIS werfen sie dem Weltverband unfaire Behandlung und eine geduldete „Grauzonen-Kultur“ vor.

Mehr als sieben Monate nach dem Manipulationsskandal wĂ€hrend der Nordischen Ski-WM in Trondheim beschĂ€ftigen mögliche Sanktionen den Internationalen Skiverband (FIS) und die Beteiligten weiter: Der ehemalige Cheftrainer Magnus Brevig, dessen Assistent Thomas Lobben sowie Servicemann Adrian Livelten wehren sich nun gegen die angedachten Strafen – nach norwegischen Medienberichten sollen die drei Beteiligten fĂŒr 18 Monate gesperrt und zu einer Geldstrafe in Höhe von jeweils 50.000 norwegischen Kronen (rund 4.300 Euro) verurteilt werden. Noch steht eine offizielle Entscheidung durch das FIS-Ethikkomitee allerdings aus.

Wie die norwegische Tageszeitung ‚VG‘ nun berichtet, haben sich Brevig sowie dessen Mitstreiter nun in einem ausfĂŒhrlichen Antwortschreiben an die FIS verteidigt. Das von den AnwĂ€lten Pal Kleven, Sven Ivar Sanstoel und Hanne-Martine Oestenby verfasste Dokument, das der Zeitung vorliegen soll, spricht von einer langjĂ€hrigen Doppelmoral im internationalen Skispringen.

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„Die Angeklagten behaupten, dass die Manipulation mit frĂŒheren Manipulationen vergleichbar ist, die sowohl vom norwegischen Team als auch von anderen Nationen vorgenommen und von FIS toleriert oder nur geringfĂŒgig sanktioniert wurden“, heißt es demnach in dem Schreiben.

Norwegische Trainer argumentieren: Strafen seien unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig

Brevig, Lobben und Livelten hatten bereits eingerĂ€umt, bei den WM-Wettbewerben die AnzĂŒge von Marius Lindvik und Johann Andre Forfang mit einer zusĂ€tzlichen, nicht elastischen Naht verstĂ€rkt zu haben. Ziel war es, die SprunganzĂŒge zu versteifen und damit einen aerodynamischen Vorteil zu erzielen. Der Eingriff war auf Video festgehalten worden und hatte noch wĂ€hrend der WM-Entscheidung in Trondheim Proteste anderer Nationen ausgelöst.

In dem Brief argumentiert die norwegische Seite auf drei Ebenen: Erstens könne FIS sie nicht bestrafen, da sie als Angestellte eines nationalen Verbandes dem Regelwerk gar nicht direkt unterstĂŒnden. Zweitens gebe es im FIS-Reglement keine klare Grundlage, um Trainer oder Techniker mit Berufsverbot oder Geldbußen zu belegen. Und drittens seien die vorgeschlagenen Sanktionen in keinem VerhĂ€ltnis zu frĂŒheren FĂ€llen, die höchstens mit Disqualifikationen geahndet worden seien.

„FIS hat stillschweigend akzeptiert, dass man die Grenzen ausreizen muss“

DarĂŒber hinaus kritisieren die AnwĂ€lte die FIS scharf fĂŒr ein „unsystematisches und wenig vertrauenswĂŒrdiges Kontrollsystem“, der Weltverband habe mit „unklaren Regeln und lascher Überwachung“ selbst zur Entstehung einer Kultur beigetragen, in der Regeldehnungen zum Alltag geworden seien: „Das Projekt, SprunganzĂŒge zu optimieren und in der Grauzone der Regeln zu agieren – teils darĂŒber hinaus – ist ein Ergebnis der Kultur, die sich im Skispringen in den letzten Jahren entwickelt hat. Nach Auffassung der Angeklagten hat FIS stillschweigend akzeptiert, dass man die Grenzen ausreizen muss, um konkurrenzfĂ€hig zu bleiben.“

Wie ‚VG‘ weiter berichtet, wolle sich die FIS nicht zu den weiterhin laufenden Untersuchungen Ă€ußern. Sollte die Ethikkomission die vom FIS-Vorstand vorgeschlagenen Strafen bestĂ€tigen und Brevig, Lobben und Livelten damit fĂŒr 18 Monate suspendieren, wolle man den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne bringen, teilten die AnwĂ€lte weiter mit.

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Die beiden Springer Lindvik und Forfang haben ihre eigene Sperre von drei Monaten sowie eine Geldbuße von jeweils 2.500 Schweizer Franken (rund 2.700 Euro) bereits akzeptiert.

Auch interessant: Daniel-AndrĂ© Tande schlĂ€gt ein neues Kapitel in seiner Laufbahn auf: Nach dem Ende seiner aktiven Skisprungkarriere wird der Norweger Trainer – allerdings nicht in seiner Heimat. Die Verpflichtung ĂŒberrascht.

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5 Kommentare

  1. wolle sich die FIS nicht zu den weiterhin laufenden Untersuchungen Ă€ußern…..WARUM Wußte ich das von anfang an?? Stillen Wasser sind tief aber sprudelten Quellen nicht ungefĂ€hrlich!!
    FIS go Home!!

  2. Zwischen „die Grenzen ausreizen“ und absichtlichem Betrug besteht ein enormer Unterschied. Der Mann mĂŒĂŸte eine Lebenslange sperren erhalten und Forfang und Lindvig so hart wie Dopping SĂŒnder bestraft werden.

    • @Kain
      Verdrehen Sie mir nicht das Wort im Mund bitte!
      Ich habe nicht von Grenzen ausreizen gesprochen sondern von ĂŒber die Grenzen hinaus experimentieren… und das machen wohl alle, werden nur nicht alle so blöd erwischt…

  3. Ganz unrecht haben die nicht. Es wurde wohl immer schon ĂŒber die Grenzen des Erlaubten experimentiert. Da sollten die anderen Nationen mal ganz schön den Ball flachhalten mit ihrem Gezetere, inklusive der Deutschen…

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